Augsburger Reichstag. 25
mußte der Kaiser herbeiführen und handhaben; er war Schutzherr der
Kirche und durfte das Zugreifen auf die Kirchengüter, den Glaubens-
zwang gegen Unterthanen, welche katholisch bleiben wollten, nicht zugeben,
wenn er seinem Eide nicht lügen wollte. Ueberdies war es ihm sehr
Ernst mit einer Reformation, aber mit einer katholischen, die er durch
die Odrgane der Kirche und auf dem Boden der Kirche herbeiführen
wollte; darum gab er sich auch alle Mühe, ein allgemeines Koncil zu
Stande zu bringen. Zuvor jedoch wollte er durch einen Reichstag, den
er auf 1530 nach Augsburg ausschrieb, die deutschen Angelegenheiten
in so weit ordnen, daß der Willkür Einhalt gethan würde, die seit Jah-
ren im Reiche gegen die Kirche geübt worden war, und die Reichsver-
fassung wieder zur Geltung bringen, denn da ein ordnungsmäßig ge-
faßter Beschluß der Mehrheit der Reichsstände für alle bindend war, so
bedeutete die Speyrer Protestation zugleich eine Aufkündigung der Ver-
pflichtungen gegen das Reich.
Augsburger Reichstag (1530).
Am 15. Juni kam der Kaiser aus Italien in Augsburg an und
am 25. übergaben die protestierenden Stände ihr Bekenntniß (conkessio
Augustana), das Melanchthon abgefaßt hatte. Es war in sehr ge-
milderter Sprache geschrieben, verschleierte manchen Unterschied der Glau-
benslehre, bestand aber auf dem Abendmahlskelche, der Priesterehe und
dergleichen. Luther war als Geächteter nicht zugegen, sondern verweilte
in Koburg, von wo er gegen jede Nachgiebigkeit brieflich ermahnte.
Wirklich scheiterten die Unterhandlungen mit Melanchthon, obwohl dieser
noch viel nachgab; und wie hätte es auch anders sein können? Der
Punkt mußte bei allem Nachgeben endlich doch getroffen werden, wo die
Lehre der Kirche mit den Forderungen der Protestanten sich in keiner
Weise vereinigen ließ; hatten sich doch die Städte Straßburg, Kon-
stanz, Memmingen und Lin dau, welche in der Abendmahlslehre mit
den schweizerischen Reformatoren übereinstimmten, mit der augs-
burgischen Konfession nicht einigen können und eine eigene (conkessio
tetrapolitana) übergeben. Der Kaiser ließ die augsburgische Konfession
durch gelehrte Theologen widerlegen (confutatio), und es erfolgte ein
Reichstagsabschied, in welchem bekannt gemacht wurde: das Bekenntniß
der Protestanten ist angehört und gehörig widerlegt worden; sie erhalten
Jeit bis zum 15. April kommenden Jahres sich mit der Kirche wieder
m vereinigen, bis ein allgemeines Koncil über alle streitigen Artikel und
Klagen entschieden haben wird. Unterdessen aber sollen die Katholiken
nirgends bedrängt, die Sakramentierer und Wiedertäufer überall gemein-
schaftlich verfolgt werden. Auch dagegen verwahrten sich die Protestanten,
aber der Kaiser blieb bei dem Abschiere; mehr konnte er nicht zugeben, als