32 Die Reformation. Religionskriege. Verfall Deutschlands 2c.
Reichsstände lieber jedem andern Herrn als dem Kaiser unterworfen hät-
ten, verheerten die Türken Ungam und pochten an die Thore Deutsch-
lands. Auf Mohammed lII., der 1480 von Rhodus mit großem Ver-
lust hatte abziehen müssen, folgte 1481 sein Sohn Bajazet II. (1481
bis 1512), der zuerst durch seine Brüder, später durch seine Söhne so
beunruhigt wurde, daß er nur wenig an auswärtige Kriege denken
konnte; Selim IJ. aber, Bajazets II. jüngster Sohn, ein nach orientali-
schem Geschmacke hochgebildeter, poetisch begabter, aber blutgieriger und
meineidiger Wütherich, der an politischem Verstand und Kriegskunde
seinen meisten Zeitgenossen überlegen war, machte den Namen der Os-
manen furchtbarer, als er je zuvor gewesen. Ungarn und die angränzen-
den Länder ließ er bloß durch Raubzüge heimsuchen, weil von dorther
keine Gefahr drohte, dagegen sicherte er sich den Rücken in Asien und
verstärkte seine Seemacht mit dem größten Eifer. Zuerst bekriegte er
das neue persische Reich; dasselbe wurde nach der Auflösung der
gewaltigen Monarchie Timurs 1500 von Ismael Sofi, einem per-
sischen Scheich, gegründet, der zu Tauris seine Residenz aufschlug und
seine Herrschaft bis Mesopotamien ausdehnte. Dieses persische Reich war
den sunnitischen Osmanen um so verhaßter, weil die Schitten durch das-
selbe sich ihnen auch als politische Macht gegenüberstellten. Selim J. be-
gann die Feindseligkeiten durch die Ermordung aller über sieben Jahre
alten männlichen Schüitten in seinem Reiche, besiegte hierauf die Perser
vorzüglich durch seine Kanonen und die Feuerwaffen der Janitscharen in
mehreren Schlachten und entriß ihnen (1515) die Provinzen Diarbekr
und Mosul. Hierauf wandte er sich gegen den Mameluckensultan in
Aegyptenz; im ersten Feldzuge eroberte er Syrien, im zweiten (1517)
Aegypten selbst, wodurch er nicht bloß eine reiche Provinz gewann, son-
dern auch die Würde des Chalifen und die Beschützung der heiligen
Städte an seine Dynastie brachte. Er starb 1520 und hatte seinen Sohn
Solyman II. zum Nachfolger (1520—1566), unter welchem das os-
manische Reich seine größte Macht erreichte. Schon 1521 erstürmte
dieser Schabacz, dessen Besatzung sich bis zum letzten Athemzuge ver-
theidigte, nahm Ende August nach ungeheurem Verluste das wichtige
Belgrad und schritt 1522 zu dem schon von seinem Vater mit dem
Aufgebot aller Mittel vorbereiteten Angriff auf Rhodus, welches den
Türken neben den Venetianern allein noch die Oberherrschaft über das
mittelländische Meer bestritten hatte. Mit einer Flotte von 400 Segeln,
die 120,000 Krieger an Bord hatte, unternahm er den Angriff gegen
die Festung Rhodus, die nur von 600 Rittern und 4500 Söldnern ver-
theidigt wurde. Der Großmeister Villiers de l’'Isle Adam hielt sich
sechs Monate lang gegen die fürchterliche Uebermacht, und erst im Dezember
1522, als die Stadt durch das türkische Geschütz bereits zerschmettert