Moriz überfällt Kaiser und Koncil. Passauer Vertrag. 45
Brandenburg-Kulmbach, mit Magdeburg und mit dem Könige Hein-
rich II. von Frankreich, welchem er für seine Hilfe Metz, Toul,
Verdun und Kambrai zusagte. Als der Bund mit Frankreich ab-
geschlossen war, zog Moriz von Magdeburg ab und setzte das Belage-
ungsheer gegen Süden in Bewegung, indem er (April 1552) verkün-
dete: er wolle die alte Freiheit der deutschen Stände wieder herstellen,
welche von dem Kaiser mit „unerträglicher, erblicher und viehischer
Kuechtschaft“ bedroht sei. Er rückte rasch auf Augsburg, das ihm Ge-
schtz gab, auf Ulm, das ihn aber nicht einließ, und dann gegen das
Tyrol. Die Ehrenberger Klause nahm er mit Sturm (19. Mai),
wurde aber durch eine Meuterei seiner Soldaten, welche das Geschenk
forderten, das man den Sturmlaufenden zu reichen pflegte, einen ganzen
Tag lang aufgehalten. Dies war ein Glück für den Katser, sonst
wäre er vielleicht in Innsbruck gefangen worden, und er mußte so,
gichtkrank wie er war, über den Schnee der Hochgebirge nach Villach
in Kärnthen flüchten. Keine Hand erhob sich für den Kaiser; die katho-
lischen Fürsten blieben ruhig: die Demüthigung des Kalsers war allen
Fürsten ohne Unterschied der Rellgion lieb, denn die Kaisergewalt hatte
sich wieder einmal gar zu drohend den einzelnen Landesherrlichkeiten ge-
nähert. Karl gab den gefangenen Kurfürsten von Sachsen frei und
überließ seinem Bruder Ferdinand das Geschäft, zuerst einen Waffen-
stillttand und dann einen Vertrag mit Moriz zu vermitteln. Der Waf-
fenstillstand verstand sich von selbst, da Moriz niemanden bekriegte als
den Kaiser und dieser waffenlos war. Ferdinand trat dann mit den
Kurfürsten, den Herzogen und angesehensten Fürsten zusammen und
schloß mit ihnen den Passauer Vertrag, dessen Hauptbestimmungen
dahin lauten: Der hessische Landgraf wird sogleich frei gegeben; binnen
sechs Monaten beruft der Kaiser einen Reichstag, auf welchem bestimmt
wird, wie in Sachen der Religion der Friede hergestellt werden kann;
indessen darf weder der Katser noch ein Reichsstand die Gewissensfreiheit
stören; die Stände und Fürsten der augsburgischen Konfession sollen den
katholischen geistlichen und weltlichen Mitständen Frieden halten und den
freien und ruhigen Gebrauch aller ihrer Rechte, Länder, Gerichtsbarkei-
ten und Religionsübungen gestatten; an dem Kammergerichte sollen ebenso
viele protestantische als kathelische Assessoren angestellt und jedem ohne
Unterschied des Glaubens Recht gesprochen werden. Dieser Vergleich
soll bis zu einer endlichen Vereinbarung bestehen und auch glltig sein,
wenn man sich wegen der Religion nicht vereinigen kann (2. August
1552). So verständigten sich einstweilen die katholischen und protestan-
tischen Reichsstände unter einander; der Kaiser wurde in diesem Vertrage
geradezu aufgegeben, er protestierte, aber was wollte er machen, da ihm
auch kein katholischer Reichsstand mehr anhing?