26. Nov. 1882 Achtundzwanzigstes Kapitel 97
„Hochverehrter Herr Reichskanzler!
Jedermann hat seinen Ehrgeiz. Der meine besteht darin, Eure
Durchlaucht zu studieren und möglichst getreu darzustellen. Ich bin
infolge dessen dabei, ein neues Buch über Sie zu schreiben, das
das in dem frühern auseinanderliegende wichtigere Material neben—
einanderstellen und mit andern eignen Beobachtungen und Studien
aus Quellen wie die Briefe in Hesekiels Buch, die Depeschen bei
Poschinger und die Sammlung Hahns ergänzen soll. Es wird
keine Biographie, sondern eine ausführliche Charakteristik in einer
Anzahl von Kapiteln, z. B. Bismarck und der Parlamentarismus,
Bismarck und die deutsche Frage, Bismarck und die Religion, die
Legende vom Junker Bismarck, Bismarck und die Diplomaten, die
sozialen Probleme, Bismarck als Redner und Humorist, Bismarck
und Osterreich, Frankreich, Rußland, die Polen, endlich Bismarck
als Privatmann beabsichtigt. Wie ich die Sache zu behandeln ge-
denke, ersehen Sie aus den beifolgenden Artikeln, die ich als bloße
Vorstudien zu betrachten bitte. Der eine, „Bismarck als Junker,
ist als unbedenkliche Skizze bereits in der Monatsschrift Aus allen
Zeiten und Landen abgedruckt, der andre, Bismarck und die Re-
ligions, soll in die Grenzboten kommen. Beide werden, falls sich
neues Material findet, für das Buch umgearbeitet werden. Das
letztere soll der Geschichte dienen, zugleich aber Ihnen nützen. Es
wird daher wegbleiben, was letzterm Zweck entgegenstehen könnte,
und es ist dringend zu wünschen, daß ich bei der Arbeit von Euer
Durchlaucht unterstützt werde. Ich erlaube mir dabei ehrerbietigst
daran zu erinnern, daß Hesekiel solche Beihilfe reichlich erfuhr, und
daß Eure Durchlaucht mir 1873 Beiträge ausdrücklich in Aussicht
stellten. Auch wird das Buch an vielen Stellen den Eindruck
machen, daß der Verfasser wohl unterrichtet ist, und wenn daneben
Irrtümer vorkämen, würde zu befürchten sein, daß sie vom Publikum
gleichfalls für Wahrheit genommen werden könnten.
„Ich bitte daher, zunächst die beiden Proben geneigtest zu
prüfen und sie mir ergänzt durch möglichst viel neues Material
und eventuell rektifiziert wieder zugehen zu lassen. Später würde
ich, falls Sie es erlaubten, Ihnen von Zeit zu Zeit die andern
Kapitel deutlich geschrieben übersenden und dabei ähnliche Unter-
stützung erbitten.
Busch, Tagebuchblätter 1II 7