Neunundzwanzigstes Kapitel
Aus Buchers Rufseichnungen
m 11. November 1882 bekam ich von Bucher einen Brief, in
dem er schrieb:
„Lieber Freund!
Der Gedanke, Aufzeichnungen zu machen und zu hinterlassen,
ist mir bis in meinem Alter fremd gewesen. Was ich vor meinem
Eintritt in das Auswärtige Amt erlebt und nicht schon in der National-
zeitung von der Seele weggeschrieben hatte, schien mir für andre
kaum Interesse genug zu haben; das Spätere, wenigstens das Beste
davon
Darf ich den Buben doch nicht sagen.
Seitdem man mir aber die Ehre erwiesen hat, Preßhetzen gegen mich
zu veranstalten, bei denen ich eigentlich der Prügeljunge für Bis-
marck war, habe ich zuweilen das Bedürfnis empfunden, für eine
dereinstige Berichtigung all des Unsinns der Berliner Presse zu
sorgen, in der vielleicht mehr Leichtfertigkeit und Verlogenheit zu
finden ist als in irgend einer andern. Da mir der zum 1. Oktober
d. J. erbetne Abschied nicht bewilligt ist, ich vielmehr im Geschirr
bleiben soll, solange ich ziehen kann, und der Mann, den wir beide
gleich verehren, nicht ausgespannt hat, so werde ich schwerlich dazu
kommen, soviel niederzuschreiben, daß ein Büchlein daraus werden
könnte. Der Tod kann mich überraschen, und meine Erben würden
mit meinen Papieren nichts anzufangen wissen. So denke ich denn
Ihnen hin und wieder etwas für Ihr Archiv zu geben in der Gewiß-
heit, daß Sie oder Ihre Erben nur zur rechten Zeit Gebrauch davon
machen werden, und mit dem Vorbehalt, daß Sie mir die Beiträge
zurückgeben, wenn ich doch in die Lage kommen sollte, sie selbst
verarbeiten zu können.