Full text: Tagebuchblätter. Dritter Band. (3)

Siebenundzwanzigstes Rapikel 
RAus den Jahren 1880 und 1881 — Die Anfänge 
der Sogzialgesehgebung 
IX/ Sommer und Herbst 1880 stand ich in ziemlich lebhaftem Ver- 
kehr mit Bucher. Am 3. Juni schickte er Material zu einem 
Artikel über das Verhalten der Kurie gegenüber der italienischen 
Regierung, der unter dem Titel: „Die Regierung und die Bischöfe 
in Italien“ in Nr. 24 der Grenzboten zum Abdrucke kam, und der 
mit den Worten schloß: „Aus alledem ergiebt sich, daß der Papst 
(unter dem auch der Vorgänger Leos verstanden war) seine dis- 
kretionäre Gewalt in Italien entgegenkommender handhabt als in 
Bezug auf Deutschland, woran wir uns in den nächsten Entwick- 
lungsphasen des Streites der Kurie mit der preußischen Regierung 
erinnern wollen.“ 
Am 28. Oktober nachmittags kam er in meine Wohnung und 
diktierte mir im Auftrage des Chefs, der ihm in der Sache ge- 
schrieben hatte, folgende Korrespondenz für den Daily Telegraph: 
„Es ist hier eine kritische Situation entstanden. Es fragt sich, 
ob der Reichskanzler im Amte bleibt oder nicht. Die Sache knüpft 
sich an die Besetzung der Staatssekretärstelle im Auswärtigen Amte. 
Die Schwierigkeiten sollen persönliche Fragen, keine sachlichen, zum 
Gegenstande haben. Als Führer der Opposition am Hofe wird der 
General Graf Goltz, der Bruder des frühern Botschafters in Paris, 
bezeichnet, der die Lorbeeren, die er auf dem Schlachtfelde nicht 
finden konnte, auf einem andern Felde zu suchen scheint, und als 
Kandidat für die Staatssekretärstelle von Radowitz, der gegenwärtig 
die Geschäfte der Pariser Botschaft führt. Es wäre seltsam und 
würde unberechenbare geschichtliche Folgen haben, wenn der Kanzler 
in dem Augenblicke, wo er für die europäische Politik im Besitz 
Busch, Tagebuchblätter III
	        
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