2. Nov. 1888 Zweiunddreißigstes Kapitel 265
boten, in Potsdam, suchte er mich des Abends in der Dunkelheit
zu treffen und mir die Hand zu geben. Dann der grobe Brief von
1863, später, seit 1864 aus Flensburg besser. Dann wieder liberale
Ratschläge, Augustenburgerei, Empfehlung Geffckens und Friedbergs,
Parteinahme für Cumberland."“!1 «
1 Am 4. Juni hatte sich der Kronprinz beim Könige brieflich gegen die Preß-
verordnungen vom 1. Juni ausgesprochen, am 5. in Danzig sich öffentlich gegen
sie erklärt. Am 30. Januar 1863 antwortete er von Stettin aus auf einen Brief
Bismarcks vom 10. Juni, in dem dieser sich über den Protest des Kronprinzen
gegen die Preßverordnungen geäußert und ihn vor die Wahl gestellt hatte, dem
Ministerium seine Aufgabe zu erleichtern oder zu erschweren: Das erste könne
er nicht, denn er stehe in grundsätzlichem Widerspruch mit den Preßverordnungen,
da sie nach allgemeiner Uberzeugung nicht verfassungsmäßig seien und die Stimmung
nur verschlimmern würden. Bismarck werde auf diesem Wege von der Deutelei
an der Verfassung allmählich bis zum Anraten des nackten Verfassungsbruchs ge-
trieben werden. Minister, die den König auf solche Wege führten, betrachte er
als die allergefährlichsten Ratgeber für Krone und Vaterland. Den Sitzungen
des Staatsministeriums werde er nicht mehr beiwohnen, um nicht den Gegensatz
immer wieder aussprechen zu müssen, aber in der Außerung seiner Meinung
werde er sich keinen Zwang auferlegen, auch ein ferneres öffentliches Auftreten
unter Umständen nicht scheuen. Vgl. darüber G. u. E. I, 316 ff., wo auch S. 309
der Inhalt jenes Stettiner Briefes kurz angegeben wird. In einem zweiten
kurzen, scharfen Briefe vom 3. September erklärte sich der Kronprinz nach der
soeben verfügten Auflösung des Abgeordnetenhaufes für einen „entschlossenen
Gegner des Ministeriums“ (G. u. E. II, 322) und legte dem Könige seine Auf-
fassung in einer ausführlichen Denkschrift dar, die Bismarck von Gastein aus mit
widerlegenden Erläuterungen versah (G. u. G. II, 324 ff.). Auch während des
dänischen Krieges befand sich der Kronprinz bekanntlich im Gegensatze zur Politik
Bismarcks. In einem Schreiben aus Flensburg vom 17. April 1864, am Tage
vor dem Düppelsturm, der Antwort auf zwei Briefe Bismarcks vom 11. und
12. April, vermißt er ein festes Programm der preußischen Politik und findet nur
das eine Prinzip bei ihr, nach den Umständen zu handeln. Dahinter steckten wohl
Hintergedanken einer preußischen Vergrößerungspolitik. Nach seiner Meinung
würde eine solche die ganze deutsche Politik Preußens völlig verfälschen und ihm
Europa gegenüber wahrscheinlich eine Niederlage bereiten. Es wäre nicht das
erste mal, daß Preußen versuchte, feiner als alle andern zu sein, um sich schließlich
zwischen zwei Stühle zu setzen. Ebenso ist bekannt, wie energisch direkt und in-
direkt der Kronprinz dem Entschlusse zum Kriege mit Osterreich 1866 entgegen-
wirkte. Dabei arbeiteten auch der Herzog von Koburg und die Königin Viktoria
von England mit. Als der Herzog im März in diesem Sinne an den König
geschrieben hatte, legte der Monarch Bismarck dieses Schreiben und die Frage
vor, ob er überhaupt rate, es zu beantworten. Bismarck sprach sich am 3. April