Full text: Tagebuchblätter. Dritter Band. (3)

Dreiunddreißigstes Kapitel 285 
daß ich in so wichtigen Momenten nicht auf meinem Posten und 
zu Eurer Majestät Dienst bin, drücken mich nieder, wenn ich 
mir auch sage, daß ich mich in Demuth dem Willen Gottes zu er— 
geben habe, der meiner Mitwirkung nicht bedarf und meinen Kräften 
ihre Schranken zieht. Meine Unruhe findet ihr Gegengewicht in 
dem Vertrauen, welches Eure Majestät am Schlusse Ihres Schreibens 
aussprechen, und welches ich von Herzen teile, daß Gottes Gnade, die 
Eurer Majestät Regierung bisher gesegnet hat, auch weiterhelfen 
werde. Der Weg, den Eure Majestät im Conseil gebilligt haben, 
kann ebenso gut wie der von mir vorgeschlagne zu denselben Zielen 
führen, wenn nur kein Bruch mit dem jetzigen Abgeordnetenhause 
dazwischen kommt, und wenn meine Collegen unter sich einig bleiben. 
Das werden sie Eurer Majestät zuliebe thun, wenn auch bisher 
manche Anzeichen von Divergenzen bis hierher erkennbar wurden. 
Ich fürchte, daß meine Correspondenzen mit den einzelnen unter 
ihnen, je nachdem sie Fragen an mich richteten, die Elemente der 
Verstimmung gelegentlich vermehrt haben, und daß Mißverständnisse 
mir gegenüber dadurch entstanden sind, daß der Inhalt meiner Be— 
richte nur denen, an die sie gerichtet waren, vollständig bekannt 
wurde. Ich habe daher Roon gebeten, mich nur dann zuzuziehen, 
wenn Eure Majestät es besonders befehlen, und ihn benachrichtigt, 
daß ich mit den einzelnen Collegen nicht mehr correspondieren würde. 
Auf diese Weise wird meine Heranziehung, so lange mir Gott 
nicht zu bessern Kräften hilft, allein in Eurer Majestät gnädige und 
nachsichtige Hand gelegt sein. Meine Hoffnung und meine Bitte zu 
Gott ist, daß mir bald wieder vergönnt sein möge, unter Eurer 
Majestät Auge selbst wieder meine Pflicht zu thun, und die Be— 
ruhigung wieder zu gewinnen, die in der Arbeit liegt. 
v. Bismarck. 
31 
Berlin, 24. Dezember 1872. 
Eurer Majestät 
danke ich ehrfurchtsvoll und herzlich für das schöne und auszeichnende 
Geschenk zum Weihnachtsabend.? 
1 Bismarck-Jahrbuch IV, 43f. 
2 Eine Nachbildung des Standbildes Friedrichs des Großen von Rauch in 
Bronzeguß. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.