Full text: Tagebuchblätter. Dritter Band. (3)

418 Im schleswig-holsteinischen Kriege und unter den Augustenburgischen 
die Nacht zu denken, wie bei der Esselbach, die sich beiläufig als 
kluge Frau jetzt eifrig patriotisch vernehmen ließ, während ihr Haus 
bisher das Hauptquartier der kleinen dänischen Partei der Stadt 
und das Versammlungslokal des berüchtigten „Kongensklub“ ge— 
wesen war. Überall bei Raven Überfüllung mit Gästen. Die großen 
Säle des Hauses, eines ehemaligen Palais der Ahlefeld, die Flur 
mit den perückengeschmückten Ahnenbildern, die Zimmer der Mu— 
seumsgesellschaft wimmelten von Reisepelzen, Aufschlagstiefeln, Water- 
proof-Röcken und andern Winterarmaturen. Allenthalben lebhaft 
sprechende Gruppen, Anstoßen auf Schleswig-Holstein und seinen 
neuen Herzog, Austausch von Berichten über das jüngst Geschehene 
zwischen den Einwohnern und der bunten Invasionsarmee von Kielern, 
Hamburgern und Anglern, die mit und nach den Osterreichern hier 
eingezogen waren, Massen hübscher Anekdoten und wunderbarer Ge- 
rüchte, feierliche Wiedererkennungsszenen, Gratulationen mit dem 
Zubehör von Gläserklingen und Pfropfenknall, Jubel und Lärm ohne 
Ende und gute Hoffnungen auf Gelegenheit zu mehr Jubel. 
Abends kamen neue Nachrichten zu den alten. Man erfuhr, 
daß die Osterreicher die dänische Nachhut in der Gegend von Over- 
see eingeholt und sich gewaltig mit ihr gerauft hatten. Man er- 
zählte von einem furchtbaren Straßenkampfe in Flensburg, bei dem 
das erste dänische Bataillon — andre sagten Regiment — völlig 
aufgerieben worden sei. „Bis auf den letzten Mann,“ versicherte 
Herr Honoratus Bonnevie Lorentzen, ein Pächter oder Gutsbesitzer 
aus Kappeln, der sich uns angeschlossen hatte, „alles totgeschossen 
und niedergehauen, nicht einer davon gekommen.“ Er war zwar 
nicht Augenzeuge gewesen, hatte es aber von „sichern Leuten.“ Man 
vernahm von einem andern gläubigen Gemüte, daß mehr als die 
halbe Armee de Mezas schon in Gefangenschaft geraten sei. Man 
genoß mit gespitztem Ohr andre prächtige Fabeln, die der Wind 
herzugetragen hatte. Die Tapferkeit der Kaiserlichen war in aller 
Munde. Sie hatten, so hieß es, verschmäht, zu schießen, und vor- 
gezogen, mit Bajonett und Kolben draufzugehn. „Nicht alle gerade 
aus dem Antriebe, der den Menschen zum Helden macht.“ setzte ein 
lächelnder Mund hinzu. „Ein Gefreiter von den Jägern z. B. ge- 
fragt: „Weshalb haben Sie nur so furchtbar auf die Dänen los- 
geschlagen und gestochen? Sie haben Ihnen doch eigentlich nichts zu
	        
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