Full text: Tagebuchblätter. Dritter Band. (3)

66 Achtundzwanzigstes Kapitel 16. Nov. 1881 
in den Friedensverträgen ausgedrückt und sicher gestellt. Aber es 
mußte ein Liberaler, ein Gelehrter sein, der sie zuerst gehabt hatte, 
kein Junker. Ich will Delbrücks Fähigkeiten und Verdiensten nicht 
zu nahe treten; aber der wäre niemals auf den Gedanken gekommen, 
daß der Zollverein in dieser Weise zu verwenden sein könnte; denn 
er hatte mancherlei Vorzüge, aber keinen politischen Sinn und 
Instinkt. 
„Seite 30 berichtet Unruh: »Bei den Verhandlungen über die 
Tabaksteuervorlage, als Bismarck das Monopol für sein Ideal er— 
klärte, teilte mir Bennigsen mit, daß er die Verhandlungen mit 
Bismarck — über seinen Eintritt ins Ministerium, die im Herbst 
begonnen hatten — abgebrochen und ihm erklärt habe, er könne 
sich nicht für das Monopol engagieren!« Das ist unwahr oder 
mindestens nur halb wahr. Die Sache verhält sich folgendermaßen. 
Eulenburg wollte 1877 zurücktreten. Ich bot seinen Posten Bennigsen 
an. Der verlangte, daß auch Forckenbeck und Stauffenberg Minister- 
stellen erhielten, für die aber keine vorhanden waren. Inzwischen 
kam Eulenburg auf andre Gedanken. Er ging zum Könige und 
verhetzte mich bei ihm, daß ich mich mit dem eingelassen. Und 
Serenissismus nahm das übel und verbot mir, mit Bennigsen weiter 
zu verhandeln. Das dauerte dann mehrere Monate, während 
welchen in der Presse transpirierte, daß auch Lasker auf einen Sitz 
im Kabinett rechnete. Später suchte Bennigsen mich im Reichstag 
auf, was sonst nicht seine Gewohnheit ist, und fragte mich wegen 
des Tabakmonopols. Ich erwiderte, daß ichs für gut hielte und 
es erstreben werde, und nun erklärte Bennigsen, daß er es nicht 
unterstützen könne und zurücktrete. Aus Höflichkeit verschwieg ich 
ihm, daß ich gar nicht mehr an ihn gedacht hatte, da mir von 
oben verboten worden sei, länger auf ihn zu reflektieren. 
„Weiterhin sagt Unruh:? Von da ab änderte sich die Stellung 
des Reichskanzlers zur nationalliberalen Partei augenscheinlich. 
Dies ist unrichtig, das Umgekehrte ist der Fall gewesen: die National- 
liberalen traten mir von jetzt an teils kühl, teils feindlich entgegen, 
  
doch nicht als revolutionär bekämpfen. Man könnte so eine recht konservative 
Nationalvertretung schaffen und doch selbst bei den Liberalen Dank dafür ernten.“ 
(Auch in den Bismarckbriefen S. 315.)
	        
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