88 Drittes Kapitel 19. August
einzelne tote Pferde. Weiterhin wurden die Pferde häufiger; an
einigen Stellen zählte man zwei bis drei nebeneinander, und
an einer lag eine Gruppe von acht solchen Kadavern. Die meisten
waren furchtbar geschwollen und streckten die Beine in die Luft,
während die Köpfe schlaff auf der Erde lagen. Neben Mars la Tour
war ein Lager von Sachsen. Dem Dorfe hatten die Kämpfe vom
16., wie es schien, wenig Schaden gethan: nur ein Haus war ab-
gebrannt. Ich fragte hier einen Ulanenleutnant, wo Rezonville
sei. Er wußte es nicht. Wo der König sei? „An einem Orte
ungefähr zwei Stunden von hier,“ lautete die Antwort. „Dort
hinaus,“ wobei der Offizier nach Osten hinwies. Eine Bauernfrau,
die uns die Lage von Rezonville beschreiben sollte, zeigte ebenfalls
dorthin, und so fuhren wir in die Straße hinein, die nach dieser
Richtung führte. Sie brachte uns nach einer Weile in das Dorf
Vionville. Kurz vor dem Orte stieß ich rechts auf dem Rande
zwischen Stoppelfeld und Chausseegraben auf den ersten Toten
aus diesen Schlachten, einen preußischen Musketier. Er sah im
Gesichte schwarz wie ein Turko aus und war schrecklich aufgedunsen.
Im Dorfe waren alle Häuser voll von Schwerverwundeten, auf der
Straße gingen deutsche und französische Hilfsärzte und Kranken-
pfleger mit der Genfer Kreuzbinde geschäftig hin und her.
Ich beschloß, den Minister und die Räte hier zu erwarten,
da ich der Meinung war, sie würden auf alle Fälle und zwar bald
hier durchkommen. Durch ein Seitengäßchen links von der Straße,
in dessen Graben unter einem Bündel blutiger Lappen ein ab-
geschnittznes Menschenbein hervorsah, begab ich mich hinüber auf
das Schlachtfeld. Etwa vierhundert Schritt vom Dorfe kam ich an
zwei parallellaufende etwa dreihundert Fuß lange Gruben von ge-
ringer Breite und Tiefe, an denen noch gearbeitet wurde, und
neben denen große Haufen von deutschen und französischen Toten
zusammengetragen waren. Einige waren halb entkleidet, die meisten
noch in Uniform, alle grauschwarz und von der Hitze fürchterlich
geschwollen. Es mochten' dritthalbhundert Leichen sein, die man
hier zusammengebracht hatte, und noch immer fuhr man mit Karren
neue herbei. Viele waren ohne Zweifel schon beerdigt. Weiter
nach Metz hin steigt das Schlachtfeld ein wenig an, und hier
schienen besonders viele Leute gefallen zu sein. Überall war der