92 Drittes Kapitel 21. August
sie auf dem Ritte aus dem Gebiete der Rocky Mountains bis Chicago
ausgestanden hätten, von entsetzlichen Mückenschwärmen, von einem
großen Knochenlager in Kalifornien oder dessen Nachbarschaft, in
dem man fossile Tiere fände, die, wenn ich ihn recht verstand, erst
Fische, dann Eidechsen gewesen wären, von Büffel= und Bärenjagden
und dergleichen. Auch der Kanzler gab eine Jagdgeschichte zum
besten. Er war eines Tages in Finnland in ziemlicher Gefahr
vor einem großen Bären gewesen, den er nicht gut sehen gekonnt habe,
da er ganz mit Schnee bedeckt gewesen sei. „Ich schoß endlich — so
berichtete er weiter —, und der Bär fiel etwa sechs Schritt vor mir
nieder. Er war aber nicht tot und konnte wieder aufstehen. Ich
wußte, was mir davon bevorstand, und was ich zu thun hatte.
Ich rührte mich nicht, lud ganz leise wieder, und als er sich dann
aufrichten wollte, schoß ich ihn tot.“
Am Vormittag des 21. wurde fleißig für die Post und den
Telegraphen gearbeitet, die verschiedne Nachrichten und räsonnierende
Artikel nach Deutschland beförderten. Der Parlamentär, auf den
die Franzosen geschossen hatten, als er unter der weißen Flagge zu
ihnen kam, war, wie man jetzt hörte, der Oberstleutnant Verdy du
Vernois von Moltkes Generalstabe gewesen, und der ihn begleitende
Trompeter hatte dabei eine Wunde bekommen. 1! Aus Florenz war
die sichre Nachricht eingetroffen, daß Viktor Emanuel und seine
Minister infolge unfrer Siege entschlossen seien, sich neutral zu ver-
halten, was bis dahin nichts weniger als sicher gewesen war. End-
lich konnte man jetzt wenigstens annähernd die Verluste abschätzen,
die die Franzosen am 14. bei Courcelles, am 16. bei Mars la
Tour und am 18. bei Gravelotte erlitten hatten. Der Minister
schlug dieselben für alle drei Tage auf ungefähr 50000 Mann,
1 Verdy, der mit dem Hauptmann von Winterfeldt und einem Trompeter
auf der Straße von Gravelotte nach Metz hin ritt, um dort über die auf dem
Schlachtfelde liegen gebliebnen französischen Verwundeten zu verhandeln und
den Franzosen die ganze militärische Lage zu erläutern, kam bis auf den Abhang
nach Rozérieulles und Metz hin, das er zu seinen Füßen sah, wurde aber dort
trotz der Parlamentärflagge (einer Serviette an einer langen Stange) von feind-
lichen Kavallerieposten und Infanterie angeschossen, wobei der Trompeter einen
Schuß durch das Nasenbein erhielt, und kehrte unverrichteter Sache um, S. 104 ff.
2 G. u. E. II, 108.