Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

100 Viertes Kapitel 23. August 
Um zehn Uhr brachen wir von Pont aͤ Mousson auf. Das 
schöne Wetter der letzten Tage hatte von früh bis zum Nachmittag 
wieder graubewölktem Himmel mit Regengüssen Platz gemacht.1 
Ich fuhr diesmal im Wagen der Sekretäre, in dem auch die Akten- 
mappen des mobilen Auswärtigen Amtes von Ort zu Ort reisten. 
Der Weg führte zunächst über Maidieres, dann über den Berghang 
des Moselthales nach Montauban hinauf, nach Limey und Beau- 
mont. Nach zwölf Uhr wurde es heller, und wir sahen ein ziemlich 
hohes Hügelland vor uns, unter dem sich eine wellenförmige 
Gegend mit breiten Senkungen hinstreckte. Bisweilen fuhren wir 
durch ein Stück Laubwald. Die Dörfer bildeten überall geschlossene 
Gassen, Haus an Haus wie in der Stadt; die meisten hatten an- 
sehnliche Mairie= und Schulgebäude, einige auch anscheinend alte 
Kirchen in gotischem Stil. Jenseits Gironwille steigt die Chaussee 
einen steilen Hügel hinauf, von dem man eine weite Aussicht über 
die unten sich hinziehende Ebene hat. Wir verließen hier die 
Wagen, um es den Pferden bequemer zu machen. Auch der mit 
Abeken an der Spitze unsers Zugs fahrende Kanzler stieg aus und 
ging eine Viertelstunde in seinen großen Aufschlagstiefeln, die in 
ihrer Form und Weite an die erinnerten, die man auf Bildern 
vom Dreißigjährigen Kriege sieht. Neben ihm schritt Moltke her: 
der größte Kriegskünstler unfsrer Tage wanderte an der Seite des 
größten Staatsmanns der Zeit auf französischer Landstraße hin, 
auf Paris zu, und ich wette darauf, daß beide daran in dem Augen- 
blicke nicht einmal etwas Besondres fanden. 
Nachdem wir wieder eingestiegen waren, sahen wir, wie zur 
Rechten der Straße unter den Händen flinker Soldaten eine Tele- 
graphenleitung entstand. Bald darauf fuhren wir in das Thal der 
obern Maas hinab, und kurz nach zwei Uhr erreichten wir Com- 
mercy, ein hübsches Städtchen mit etwa 6000 Einwohnern, das 
einen großen Wald neben sich hat. Der Fluß ist hier noch schmal 
und sumpfig. An ihm liegt ein altes Schloß mit einer Säulen- 
front. Die weißen Jalousien der vornehmern Häuser in den Straßen 
  
1 Abeken S. 398 von Commerch, 23. August 1870, nachmittags: „Heute 
fuhren wir bei strömendem Regen aus Pont d Mousson um zehn Uhr in offnem 
Wagen fort.“
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.