Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

23. August Viertes Kapitel 101 
waren größtenteils geschlossen, wie wenn man die verhaßten Preußen 
nicht sehen wollte. Dagegen schien das Volk in der Bluse neu— 
gieriger und weniger feindselig. Mehrmals las man über den 
Thüren die Firma: Fabrique de Madeleines. Diese sind Bis- 
kuits in der Form kleiner Melonen, die in ganz Frankreich Ruf 
haben, weshalb wir nicht versäumten, ein paar Schachteln davon 
nach Hause zu schicken. 
Der Chef wurde mit Abeken und Keudell auf der Rue des 
Fontaines im Schlößchen des Grafen Macore de Gaucourt ein- 
quartiert, wo in den letzten Tagen ein Fürst oder Prinz von 
Schwarzburg gewohnt hatte, und wo nur die Dame vom Hause 
zurückgeblieben war. Ihr Gemahl diente in der französischen Armee 
und stand infolge dessen im Felde. Er war ein sehr vornehmer 
Herr; denn er stammte von den alten Herzögen von Lothringen ab. 
Seine Wohnung hatte neben sich einen hübschen Blumengarten, und 
dahinter streckte sich ein großer schattiger Park hin. Ich wurde 
nicht weit vom Minister, auf der Rue Heurtebise Nummer 1, im 
Parterreputzstübchen eines kleinen Rentiers, des Sieur Gillot, unter- 
gebracht, wo ich einen freundlichen und gefälligen Wirt und ein 
vortreffliches Himmelbett fand. Bei einem Gange durch die Stadt 
traf ich Sheridans Adjutanten vor einem Hause, zu dessen Thüren 
Stufen hinaufführten. Er erzählte mir, daß sie anfangs Mai von 
Kalifornien aufgebrochen und unter großen Beschwerden nach Chicago 
gereist seien, von da nach London, dann nach Berlin gegangen und 
von dort wieder in fünf Tagen nach Pont a Mousson gefahren seien. 
Er und der General, der im ersten Stock zum Fenster heraussah, 
trugen jetzt Uniform. Später suchte ich den Kanzler auf, den ich 
im Garten fand, und fragte, ob es für mich zu thun gebe. Nach 
einigem Besinnen bejahte er es, und eine Stunde später bekam so- 
wohl die Feldpost als der neue Telegraph durch mich zu thun. 
Ich schrieb unter anderm folgenden Artikel: 
„Es ist jetzt vollkommen sicher, daß die Prinzen der Familie 
Orleans in der Erwartung, den Stern der Napoleoniden noch mehr 
erbleichen und noch tiefer sinken zu sehen, ihre Zeit für gekommen 
halten. Unter Betonung des Umstandes, daß sie Franzosen sind, 
haben sie Frankreich in der jetzigen Krisis ihren Degen zur Ver- 
fügung gestellt. Durch ihre Schlaffheit zum Teil, durch ihr gleich-
	        
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