Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

27. August Viertes Kapitel 117 
von Möbeln nichts als zwei Bettstellen, jede mit Matratze, aber 
ohne Decke, und zwei Stühle gab. Die Nacht war bitter kalt, und 
ich hatte nichts als meinen Regenmantel von Kautschuk zur Be— 
deckung, aber es ging ganz leidlich, zumal wenn man mit dem Ge— 
danken einschlief: Wie müssen die Soldaten thun, die unten neben 
der Landstraße im Schlamme der Äcker kampieren! 
Am Morgen gab es ein rühriges und intelligent betriebnes 
Schaffen und Umgestalten, durch das sich unsre Schlafstube sehr 
verschiednen Bedürfnissen anpaßte. Sie wurde, ohne ihren Grund— 
charakter ganz zu verlieren, zugleich Büreau, Speisesaal und Thee— 
zimmer. Durch Theißens kunstreiche Hände wurde uns aus einem 
Sägebock, auf den ein Backtrog gestellt wurde, einer Tonne, auf 
die zur Erhöhung ein niedriger Kasten kam, und einer ausgehobnen 
Thür, die vom Künstler über Backtrog und Kasten gelegt wurde, 
ein stattlicher Tisch hergerichtet, an dem der Kanzler später mit uns 
frühstückte und dinierte, während in der Zwischenzeit zwischen Früh— 
stück und Mittagsbrot wie zwischen diesem und dem Thee die Räte 
und Sekretäre die weltbewegenden Gedanken, die der Graf im 
Zimmer unter uns dachte, in Depeschen, Instruktionen, Telegramme 
und Zeitungsartikel verwandelten und säuberlich zu Papier brachten. 
Dem Mangel an Stühlen wurde durch eine Bank aus der Küche 
und den einen und den andern Koffer zufriedenstellend abgeholfen. 
Ein rissiges, gichtbrüchiges Waschbecken, das Willisch, als einstiger 
Seemann im Besteln geschickt, mit Hilfe von Siegellack wieder dicht 
gemacht hatte, und ein großer eiserner Topf aus der Küche, der 
andern unvermeidlichen Geschäften diente, sahen unter den Betten 
hervor verstohlen und wenig verschämt den Arbeitenden und Spei— 
senden zu. Als Leuchter wurden uns wie dem Minister leergetrunkne 
Weinbouteillen — Erfahrung lehrte, daß Champagnerflaschen der 
Art sich am besten dazu eignen — geliefert, in deren Hälsen gut- 
gemachte Stearinkerzen wirklich ganz ebenso hell brennen wie in den 
Tüllen silberner Kandelaber. Weniger leicht und befriedigend als 
zu Gerät, Geschirr und Beleuchtung vermochten wir uns jetzt und 
später zu dem nötigen Waschwasser zu verhelfen, da sogar Trink- 
wasser schwer zu haben war, indem die Menschenmasse, die seit zwei 
Tagen die Brunnen des kleinen Clermont aussaugte, das vorhandne 
Naß für sich und die Pferde ausgepumpt hatte. Nur einer von uns,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.