126 Fünftes Kapitel 29., 30. August
vom Markte Quartier nimmt. Der König wohnt in der nicht weit
von da entfernten Apotheke, links vom Wege nach dem düstern
alten Schlosse über dem Orte. Die zweite Staffel des großen
Hauptquartiers, bei der sich der Prinz Karl, der Prinz Luitpold
von Bayern, der Großherzog von Weimar und der Erbgroßherzog
von Mecklenburg-Schwerin befinden, ist in dem nahen Dorfe Juvin
untergebracht. Mir haben die Ouartiermacher dem Chef schräg
gegenüber im saubern Stübchen einer unsichtbar gewordnen Modistin
Unterkunft geschafft. Auf dem Markte sieht man bei unfrer Ankunft
einige französische Gefangne. Gegen Abend kommen noch etliche
hinzu. Ich erfahre. daß man schon für morgen einen Zusammenstoß
mit Mac Mahons Armee erwartet.
Auch in Grand Pre zeigte der Chef, daß er an die Möglich-
keit eines meuchelmörderischen Angriffs auf seine Person nicht dachte.
In der Dämmerung ging er unbefangen ohne Begleitung durch
die Gassen des Städtchens, auch wo sie einsam und sonst zu einem
Attentat geeignet waren. Ich sage das aus Erfahrung; denn ich
folgte ihm mit meinem Revolver in einiger Entfernung. Es schienen
mir Fälle möglich, wo man etwas für ihn thun konnte.
Als ich am nächsten Morgen hörte, daß König und Kanzler
gleichzeitig wegfahren wollten, um dem großen Kesseltreiben nach
dieser zweiten französischen Heeresmacht beizuwohnen, faßte ich
mir, eingedenk der Worte, die der Chef in Pont a Mousson nach
seiner Zurückkunft von Rezonville zu mir gesprochen, und des ein
andermal von ihm zitierten Spruches: „Wer sich grün macht, den
fressen die Ziegen,“ ein Herz und bat ihn, als der Wagen vor-
gefahren war, mich mitzunehmen. Er entgegnete: „Ja, wenn wir nun
aber die Nacht draußen bleiben, was soll da aus Ihnen werden?“
1 Abeken S. 401, Busancy, Mittwoch, den 31. August 1870: „Wir ritten
bald nach neun Uhr von Grandpré fort, nach Busancy, wo der König zu Pferde
steigen wollte. — Hier in Busancy wurde großer Kriegsrat gehalten und dann
weiter geritten eventuell gefahren bis etwa 1½ Stunden von hier, wo der
König zu Pferde stieg und wir nun mit der ganzen Suite auf eine Anhöhe ritten,
von wo man eine wundervolle Übersicht über viele, viele Meilen Landes hatte."
Von hier aus verfolgte man den Gang der Schlacht bei Beaumont auf dem
linken Flügel des deutschen Heeres (der III. Armee). Es ist dieselbe Anhöhe
bei Sommauthe, auf der Busch während der Schlacht war, s. unten S. 132 f.