Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

XIV Vorwort 
über allen steht, mein Unternehmen gebilligt hat, genügt mir durch- 
aus, und ich frage nicht danach, ob auch andre Leute ihren Segen 
dazu geben. liberdies ist die große Mehrzahl derer, die es angeht, 
inzwischen aus dem Leben geschieden und in das Reich der Ge- 
schichte eingetreten, wo das Anrecht auf Schonung nicht mehr gilt. 
Die Kapitel des Tagebuchs, auf denen meine Schrift beruht, 
und die häufig wörtlich wiedergegeben werden, nahmen möglichst 
getreu die Vorgänge und Außerungen auf, die mir zu Gesicht und 
zu Gehör kamen, wenn ich in unmittelbarer Nähe des Kanzlers war. 
Dieser ist fast allenthalben die Hauptfigur, um die sich das Ubrige 
gruppiert. Als scharf aufmerkender und gewissenhaft referierender 
Chronist zu verzeichnen, zunächst was er mir als seinem Sekretär 
für Preßsachen auftrug, dann auch, während des Feldzugs in Frank- 
reich, wie er und seine Umgebung sich verhielten, wie er lebte und 
arbeitete, wie er bei Tische, beim Thee und bei andrer Gelegenheit 
über Personen und Dinge der Gegenwart urteilte, und was er 
während dieser Zeit von der Vergangenheit erzählte, zuletzt, was 
ich nach der Rückkehr aus dem großen Kriege mir aus dem Depeschen- 
wechsel über den Gang der diplomatischen Geschäfte zu sofortigem 
oder späterm Gebrauche merken durfte, war die erste Aufgabe, die 
ich mir stellte. Unterstützt wurde ich bei ihrer Erfüllung durch eine 
Aufmerksamkeit, die durch Verehrung vor ihm und durch dienstliche 
Übung von Woche zu Woche intensiver wurde, und durch ein Ge- 
dächtnis, das sich, von Haus aus mäßig, gleichfalls durch häufigen 
dienstlichen Gebrauch binnen kurzer Zeit zu derartiger Stärke aus- 
bildete, daß es selbst längere Auseinandersetzungen und Erzählungen 
des Kanzlers, gleichviel, ob sie ernst oder launig waren, in allen 
wesentlichen Sätzen wortgetreu bis zu dem Augenblicke festzuhalten 
vermochte, wo ich sie dem Papier anvertrauen konnte. Das heißt, 
wenn nichts dazwischen kam, und dagegen konnte ich mich in den 
meisten Fällen wahren, sodaß die hier gemeinten Aufzeichnungen 
fast ohne Ausnahme spätestens eine Stunde nach der Außerung
	        
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