31. August Fünftes Kapitel 141
nommen und unter anderm bei ihnen einen Priester getroffen, der
auf unsre Leute geschossen haben sollte. „Als ichs ihm vorhielt,
leugnete er es. „Nehmen Sie sich in acht — sagte ich ihm —;
denn wenn es erwiesen wird, werden Sie ganz sicher gehenkt.G
Vorläufig ließ ich ihm den Priesterrock ausziehen.“
„Bei der Kirche — so berichtete der Chef weiter — bemerkte
der König einen Musketier, der verwundet war. Obwohl der
Mann von der Arbeit des vorigen Tages ziemlich ruppig und
schmutzig aussah, reichte er ihm die Hand — ohne Zweifel zu großer
Verwunderung der dabei stehenden französischen Offiziere — und
fragte, was er für ein Metier habe. — Er wäre Doktor der
Philosophie. — , Nun, dann werden Sie gelernt haben, Ihre Ver-
wundung philosophisch zu ertragen, sagte der König. — Ja, ant-
wortete der Musketier, das hätte er sich schon vorgenommen."
Unterwegs holten wir bei einem zweiten Dorfe marode Bayern,
gemeine Soldaten, ein, die sich in der Sonnenglut langsam fort-
schleppten. „Heda, Landsmann!“ rief der Bundeskanzler dem einen
zu. „Wollen Sie einmal Kognak trinken?“ Natürlich wollte er,
und ein andrer nach seinen sehnsüchtigen Augen ebenfalls und ein
dritter desgleichen, und so tranken sie und noch einige, jeder seinen
Schluck aus des Ministers, dann auch aus meiner Feldflasche und
bekamen schließlich noch jeder seine rechtschaffne Cigarre.
Eine Viertelmeile weiter hatte der König in einem Dorfe, dessen
Name auf meiner Karte nicht eingetragen ist, aber ungefähr wie
Crehanges klang, und wo sich auch die Fürstlichkeiten der zweiten
Staffel und Herren aus dem Gefolge des Kronprinzen befanden,
ein Frühstück arrangieren lassen, zu dem Graf von Bismarck eben-
falls eingeladen war. Ich machte mir inzwischen auf einem Steine
am Wege meine Bileistiftnotizen und half dann den Holländern,
die neben dem Orte in einem großen hellgrünen Zelte ihre Hilfs-
ambulanz aufgeschlagen hatten, Verwundete herbeischaffen und
pflegen. Als der Minister wiederkam, fragte er, was ich mittler-
weile getrieben habe. Ich sagte es ihm. „Ich wäre auch lieber
dorthin gegangen, als mit Denen zusammengewesen,“ erwiderte er,
tief aufatmend. „Unter Larven die einzige fühlende Brust.“
Das Gespräch bei der Weiterfahrt bewegte sich eine Zeit lang
in hohen Regionen, und bereitwillig und reichlich gab der Chef