BGechstes Kapitel
Der Tag von Hedan — Bismarck und Napoleon bei
Donchern
KAn 1. September näherte sich die Jagd auf die Franzosen
im Maasgebiet nach allem, was man hörte, offenbar ihrem
Ende, und es war mir vergönnt, diesem am nächsten Tage beizu-
wohnen. Nachdem ich sehr früh aufgestanden war, um nach tags
vorher im Wagen und auf einem Eckstein in Chemery flüchtig auf-
gezeichneten Notizen mein Tagebuch weiterzuführen, das auf so
viele interessante Einträge wartete, ging ich aus dem Hause, wo
man mich einquartiert hatte, nach dem Baudelotschen, wo ich gerade
eintraf, als ein gewaltiges Reitergeschwader, bestehend aus fünf
preußischen Husarenregimentern, grünen, braunen, schwarzen und
roten (Blücherschen), am Geländer des Gärtchens vor den Fenstern
des Chefs vorüberzog. Man hörte, daß dieser die Absicht habe,
in einer Stunde mit dem Könige nach einem Aussichtspunkte bei
Sedan zu fahren, um Zeuge von der nun mit Bestimmtheit er-
warteten Katastrophe zu sein. Als der Wagen kam und der Kanzler
erschien, sah er sich um, und sein Blick fiel auf mich. „Können
Sie dechiffrieren, Herr Doktor?" fragte er. Ich bejahte das, und
er sagte: „Dann lassen Sie sich einen Chiffre geben und gehen
Sie mit.“ Ich ließ mir das nicht zweimal sagen, und nach einer
Weile setzte sich der Wagen, in dem diesen Morgen Graf Bismarck-
Bohlen an der Seite des Ministers Platz nahm, in Bewegung.
Nach einigen hundert Schritten hielten wir vor dem Hause,
wo Verdy einquartiert war, hinter dem Wagenzuge des Königs,
der selbst noch erwartet wurde. In dieser Zeit kam uns Abeken
mit Schriftstücken nach, um darüber Befehle einzuholen. Der
Chef setzte ihm gerade etwas auseinander, wobei er ihm seiner
Gewohnheit gemäß das zu Erklärende wiederholt erläuterte, als
der Prinz Karl mit seinem bekannten morgenländisch gekleideten
Busch, Tagebuchblätter I 10