Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

14. September Siebentes Kapitel 193 
Krieges hat. Ich möchte ihm nämlich später eine Dotation zu— 
wenden. Weißenburg und Wörth, dann Beaumont und Sedan 
sind von ihm gewonnen, da der Kronprinz ihm nicht wie 1864 
Prinz Friedrich Karl immer in seine Pläne hineinreden wollte.“ 
Ich gehe nach drei Uhr wieder durch die Stadt. Viele Leute, 
die in Holzschuhen über die Straße humpeln, viele Blusen, viele 
Hände in den Hosentaschen. Abends läßt der Chef mich noch ein— 
mal rufen, bloß, um mir lächelnd ein Telegramm des Großherzogs 
von Weimar zu zeigen, worin er der Frau Großherzogin im Stil 
der Telegramme des Königs an die Königin meldet: „Meine Armee 
hat sich tapfer geschlagen.“ 
Am 14. September früh kurz vor zehn Uhr verließen wir 
Reims, dessen Kathedrale uns lange über die Ebene nachsah, und 
begaben uns nach Chateau Thierry. Wir durchschnitten dabei 
zunächst eine breite Fläche mit Ackerfeldern, die von einem Höhen— 
zuge mit Weinbergen und Dörfern auf den Flanken und Gehölzen 
auf dem Kamme bedeckt war, und fuhren dann über diesen Hügel— 
rand in wellenförmiges Land hinunter, das allerlei kleine Kessel und 
Seitenthälchen zeigte. In dem Städtchen Dormans an der Marne, 
die wir hier zweimal passierten, wurde eine Weile Halt gemacht. 
Der Fluß ist hier ungefähr noch einmal so breit wie die Mosel bei 
Pont aͤ Mousson und hat klares, hellgrünes Wasser. Der Himmel 
hing voll grauer Wolken, und ein paarmal wurden wir von heftigen 
Regenschauern überfallen. Die Fahrt ging immer rechts von der 
Eisenbahn, deren Betrieb von den weichenden Feinden unmöglich ge— 
macht worden war, und nicht weit vom Flusse hin. Zur rechten Hand 
hatten wir Weinberge, zur linken an den Bergwänden meist Laubwald, 
aus dem zuweilen ein hübsches Schloß heraustrat. Wir berührten 
drei oder vier Dörfer mit alten Kirchen und malerischen Seiten— 
gassen, aus denen kleine Häuser von grauen Quadern erbaut und 
im Schatten von Weinlaub halb versteckt zu uns herüberschauten. 
Auch weiterhin Weinberg an Weinberg, hoch und breit, die Reb— 
stöcke sehr niedrig, die Trauben blau. Man sagte, daß auch sie 
den Most lieferten, aus dem in Reims und Epernay der Sekt 
bereitet wird. 
Die Orte hatten sämtlich württembergische Einquartierung, die 
auf dem Wege Infanterie= und Kavallerieposten zu unserm Schutze 
Busch, Tagebuchblätter 1 13
	        
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