Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

19. September Achtes Kapitel 211 
rechts und der Ehre Frankreichs auf, zu wachen, daß man diese 
Stätte heilig halte. Seine, des Regenten, und ebenso seine, des 
Bäuerleins, Ehre heischten dies gebieterisch, und dergleichen schöne 
Sachen mehr. Der gute dumme Bauernknabe zeigte bei diesem 
Wortschwall ein sehr einfältiges Gesicht, er verstand davon offenbar 
so wenig, als ob es griechisch gewesen wäre, und machte eine Figur, 
daß Keudell sagte: „Wenn der uns vor Überfall behüten soll, da 
ist mir der Soldat dort doch viel lieber.“ 
Von andrer Seite erfuhr ich diesen Abend noch, daß Favre 
von den Herren Rink und Hell, frühern Legationssekretären Bene- 
dettis, und von dem Fürsten Biron begleitet gewesen sei, und daß 
man für ihn im Dorfe beim Schlosse Ferrieres Quartier bestellt 
habe, da er sich weiter mit dem Chef zu besprechen wünsche. Keudell 
aber erzählte: „Als der Bundeskanzler aus dem Zimmer, wo er 
mit Favre verhandelt hatte, wieder heraustrat, fragte er den Dra- 
goner vor der Thür, woher er wäre. — „Aus Schwöäbisch-Hall.s 
— a, Sie können sich was darauf einbilden, bei der ersten 
Friedensverhandlung in diesem Kriege Wache gestanden zu haben.“ 1 
Wir andern hatten mittlerweile eine Zeit lang in Chessy auf 
die Rückkunft des Kanzlers gewartet und waren dann, vermutlich 
mit dessen Erlaubnis, weiter gefahren, bis wir nach ungefähr zwei 
Stunden Ferrieres erreicht hatten. Auf dem Wege passierten wir 
den Rand der Zone, die die Franzosen um Paris herum geflissent- 
lich verwüstet hatten. Doch war die Zerstörung hier noch mäßig; 
nur schien die Bevölkerung der Dorfschaften, die wir berührten, von 
den Mobilgarden zum großen Teil verjagt worden zu sein. Nirgends 
hörte man meines Wissens einen Hund, dagegen sahen wir in einigen 
Höfen Hühner umhergehen. An den meisten Thüren, an denen wir 
vorüber kamen, stand mit Kreide geschrieben: „Korporalschaft N.“ 
oder „1 Offizier und 2 Pferde“ oder etwas andres der Art. In 
den Dörfern stieß man zuweilen auf städtisch gebaute Häuser, und 
seitwärts lagen Villen und Schlösser mit Parks, was auf die Nähe 
der Großstadt deutete. Bei dem einen der Dörfer, durch die wir 
kamen, lagen viele Hunderte ausgetrunkner Weinflaschen im Graben 
und auf dem Felde neben der Straße, hier und da zehn bis zwölf 
  
1 Die erste Unterredung, Bismarck-Regesten I, 404; vgl. Abeken 417. 
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