Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

20. September Achtes Kapitel 219 
wesenheit neben ihrer verdrießlichen Seite auch eine freundliche ab— 
gewinnen lassen. Er hatte gegen einen von uns gemeint, daß diese 
Herren, die mit den Mobilen und den Chasseurs d'Afrique um die 
Wette überall in der Nachbarschaft geplündert und Verwüstungen 
angerichtet, bei Clayes in den Landhäusern alles kurz und klein 
geschlagen und die Bauern mit dem Säbel in der Hand gezwungen 
haben, ihre Wohnungen zu verlassen und in die Waldungen zu flüchten, 
wenn wir nicht in Ferrieres wären, leicht auf den Einfall kommen 
könnten, dem Schlosse einen Besuch abzustatten; und sogar die 
Möglichkeit hatte sich seinem beklommnen Gemüte präsentiert, sie 
könnten es für zweckgemäß halten, es niederzubrennen. Wahr- 
scheinlich infolge dieser Betrachtungen hatte er sich besonnen, daß 
der Keller des Herrn Baron auch Champagner enthielt, und daß 
er uns davon eine Anzahl Flaschen zu einem guten Preise abtreten 
konnte, ohne eine Todsünde zu begehen. Wir fingen an, uns auf 
Grund dieser Meinungsänderung heimischer zu fühlen. 
Man erfuhr beim Frühstück, daß beim Generalstabe die Nach- 
richt eingelaufen sei, Bazaine, der in Metz lückenlos eingeschlossen 
sein mußte, habe beim Prinzen Friedrich Karl brieflich angefragt, 
ob die ihm durch ausgewechselte Gefangne zugekommne Kunde 
von der Niederlage bei Sedan und der Proklamierung der Republik 
begründet sei, und der Prinz habe ihm dies ebenfalls brieflich und 
unter Beilegung von Pariser Zeitungen bejaht. 
Der König soll nach Bismarck-Bohlens Erzählung heute, auf 
ein hübsches Skulpturwerk vor dem Schlosse deutend, zu Graf 
Waldersee (natürlich im Scherze) gesagt haben: „Da, packen Sie sich 
das ein.“ 
Abends wurde ich zum Chef hinaufgerufen, der nicht zu Tische 
erschienen und, wie es hieß, nicht recht wohl war. 1 Eine kleine 
steinerne Wendeltreppe, die sich ehrerbietig stimmend Escalier 
particulier de Monsieur le Baron nannte, führte mich hinauf in 
  
1 Er war nach der Besprechung lange im Park spazieren gegangen und 
hatte die Absicht geäußert, sich unter einen Baum zu legen und auszuruhen; 
er muß geistig selbst in großer Aufregung, An= und Abspannung gewesen sein. 
Abeken S. 418. 419: „Bismarck, der in den ersten Tagen der vorigen Woche 
körperlich und geistig verstimmt war, und den die Verhandlungen mit Favre offen- 
bar drückten, ist se it dem Abbruch derselben viel menschlicher und muntrer.“
	        
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