236 Achtes Kapitel 25. September
„Nun dann telegraphiere ihm doch: Alter Nordhäuser ganz
unentbehrlich im Hauptquartier. Zwei Kruken sogleich."
Abends wurde wieder einmal in einem Aufsatz unfrer guten
Freunde, der französischen Ultramontanen gedacht, die wie im
Frieden so jetzt im Kriege nach Kräften gegen die deutsche Sache
thätig sind, das Volk gegen uns aufwühlen, in den Zeitungen
Lügen über uns verbreiten, sogar die Bauern gegen uns ins Ge-
fecht führen wie bei Beaumont und Bazeilles.
Sonntag, den 25. September. Fast leerer Tag heute.
Nichts von Bedeutung zu verzeichnen. Der Chef war diesen Morgen
mit dem König und andern in der Kirchet und nachmittags un-
sichtbar. Vielleicht ist etwas von besondrer Wichtigkeit im Werke.
Wir bekommen Briefe aus Berlin, wonach die Biskuits, die wir
von Reims im Depeschensacke des Feldjägers nach Hause geschickt
haben, wohlbehalten angekommen sind und nicht einmal nach Lever-
ströms Thranstiefeln geschmeckt haben, die mit ihnen reisten. Ein
zurückkehrender Depeschensack dagegen hat Unglück gehabt: er ent-
wickelt, als Bölsing ihn öffnet, einen starken Portweingeruch, und
der Inhalt der zerbrochnen Flasche hat mehrere Akten tiefschamrot
darüber gemacht, daß sie es unterlassen hatten, gegen solche Be-
gleitung zu protestieren. Sie haben vermutlich, als die Flasche
ihnen beigepackt wurde, harmlos an eine Sendung roter Tinte gedacht.
Bei Tische lenkte irgend etwas das Gespräch auf die Juden.
„Sie haben doch eigentlich keine rechte Heimat,“ sagte der Chef.
„Etwas Allgemein-Europäisches, Kosmopolitisches, sind Nomaden.
Ihr Vaterland ist Zion, (zu Abeken) Jerusalem. Sonst gehören sie
der ganzen Welt an, hängen durch die ganze Welt zusammen. Nur
der kleine Jude hat so was wie Heimatsgefühl. Auch giebt es
unter diesen gute rechtschaffne Leute. So war da einer bei uns in
Pommern (Name nicht zu verstehen), der handelte mit Häuten und
ähnlichen Produkten. Das muß einmal nicht gegangen sein; denn
1 U. a. dem Prinzen Karl und Adalbert von Preußen, dem Großherzog
von Weimar, Roon. Den Gottesdienst hielt Rogge, der am Tage vorher auf
die Einladung seines Neffen W. von Roon eingetroffen war, auf Befehl des
Königs um 12 Uhr in der durch die Freigebigkeit Rothschilds reich geschmückten
und auch hinreichend geräumigen Dorfkirche, die Predigt nach 1. Petri 5, 5.
Rogge a. a. O. 91.