266 Neuntes Kapitel 6. Oktober
in Schwarz vermutlich dessen Mama in ihren bessern Jahren, das
andre Porträt schien der Papa Gustavs, und die beiden alten Leute
schienen die Großeltern zu sein.
In dem Zimmer, dessen Thür sich links von der zur Stube
des Kanzlers führenden öffnet, wohnte Graf Bismarck-Bohlen,
ebenfalls nach dem Parke und Garten hinaus, ihm gegenüber mit
der Aussicht auf die Straße Abeken. Neben der Hintertreppe hatte
der Sekretär Bölsing ein Stübchen inne, während ich in der zweiten
Etage über Bohlens Zimmer untergebracht war.
Ich hatte hier ein gutes Bett, zwei Stühle, einen für mich,
den andern für etwaigen Besuch, einen Waschtisch, eine geräumige
Kommode und einen Tisch, an dem sichs ganz behaglich arbeitete,
obgleich er von keinem Tischler geschaffen, sondern von unserm
immer hilfreichen und Rat wissenden Theiß improvisiert war und
eigentlich nur aus zwei Böcken bestand, auf denen ein ausgehobner
Fensterladen ruhte. Für den Kunstfreund in mir hatte Herr Jesse
senior, nach Bericht der Gärtnersfrau ein leidenschaftlicher Maler
und Zeichner, durch einige seiner artistischen Leistungen, einen
Diskuswerfer und zwei Landschaften in Kreidezeichnung, gesorgt,
die rechts und links vom Spiegel über dem Kaminsims hingen und
die Hand eines nicht ungeschickten Dilettanten bekundeten. Der
Naturfreund fand in dem erst herbstlichen, dann in Winterschnee und
silbernem Reif prangenden Parke recht artige Befriedigung seiner
Wünsche. Gegen den Hauskobold, den Alp und andre nächtliche
Ungetüme schützte der geweihte Buchsbaumzweig, der an der Wand
hinter meinem Bette befestigt war. Zur Erwärmung des Gemachs
diente ein Kamin, der zwar mit Marmor bekleidet war, dessen
Heizkraft aber, als es kalt wurde — wir hatten zuweilen zwölf Grad
unter Null —, zu wünschen übrig ließ.
Der Park hinter dem Hause ist nicht groß, aber recht hübsch
mit seinen Schlangenwegen, die unter alten, von Ephen und Immer-
grün übersponnenen Laubbäumen und im Hintergrunde zwischen
dichtem Busch= und Strauchwerke hinlaufen. Von der Mauer
rechts her rieselt vermöge der Wasserleitung aus moosbedeckten, mit
Farnkraut und breitblättrigen Pflanzen bewachsenen Steinen ein
Quell hervor, der ein Bächlein und einen kleinen Teich bildet, auf
dem Enten schwimmen. Links an der Mauer ziehen sich von einer