Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

282 Zehntes Kapitel 9. Oktober 
troffen worden ist, bei Rambouillet von Franctireurs überfallen und 
zersprengt zu werden; sie soll dabei 60 Pferde verloren haben. 1 
Wir waren heute dreizehn Personen bei Tisch, darunter 
Dr. Lauer. Ich machte Bucher, neben dem immer hier mein Platz 
war, leise darauf aufmerksam. „Lassen Sie das ja nicht lauter 
werden,“ erwiderte er. „Der Chef hört sehr gut, und er ist in 
dieser Beziehung abergläubisch.“ Später erzählte er mir, daß dem 
Kanzler wie die Zahl dreizehn so auch der Freitag Bedenken ein- 
flößte. Beides scheint auch bei andern Diplomaten, z. B. fran- 
zösischen, zuweilen der Fall zu sein. Die folgende Anekdote, die 
mir als verbürgt bezeichnet wurde, mag zum Beleg dienen. Nachdem 
die Verhandlungen über den Sundzoll beendigt waren, sollte am 
13. März 1857 die Unterzeichnung des betreffenden Vertrages zu 
Kopenhagen beginnen. Do fand sich, daß der Tag nicht bloß ein 
dreizehnter, sondern auch ein Freitag war, und daß dreizehn Be- 
vollmächtigte ihre Namen darunter zu setzen hatten. „Ein drei- 
faches Unglück!“ rief der französische Gesandte, Herr Dotezac, aus. 
Indes verzögerte sich zu seiner großen Freude die Unterzeichnung 
des Traktats um einige Tage, indem aus der Kursdifferenz zwischen 
den dänischen und den preußischen Thalern Schwierigkeiten ent- 
standen. Aber die Zahl der Bevollmächtigten erfüllte ihn noch 
immer mit schweren Befürchtungen, die ihn geradezu krank machten, 
und erst, als einige Wochen darauf der hannoversche Bevollmächtigte 
starb, hielt der Gesandte sich und die übrigen Unterzeichner des 
Vertrags für nicht mehr in Todesgefahr. 
Gestern abend spät kam noch ein Offizier mit einer Depesche, 
deretwegen ich den Chef, der im Garten spazieren ging, herein- 
holte. Heute erfuhr man, es sei ein Brief aus Paris gewesen, 
worin die dort verbliebnen fremden Diplomaten das Recht in An- 
spruch nehmen, durch unfre Linien zu korrespondieren und sich Kor- 
respondenzen senden zu lassen. Der Kanzler scheint nach dem, was 
er über die Sache sagte, dieses Recht nicht anerkennen zu wollen. 
Er hat neulich dem Maire von Versailles tröstliche Versicherungen 
gegeben, und die der Stadt auferlegte Kontribution von vierhundert- 
tausend Franken soll ihr erlassen werden. 
  
1 Verdy 202.
	        
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