Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

25. Oktober Zehntes Kapitel 325 
den Gehölzen im Norden der Stadt wie der Abglanz eines un— 
geheuern Brandes flammt. Indes erweist sichs allmählich, daß wir 
uns getäuscht haben. Die Röte gewinnt Gestalt, säulenartige 
Strahlen schießen aus ihr hervor, und wir werden inne, daß die 
Erscheinung ein Nordlicht ist, das prachtvoll über den Horizont 
heraufwächst. Wir werden infolge dessen bald Winter und trockne 
Kälte haben. 
Dienstag, den 25. Oktober. Gute Nachrichten eingetroffen 
und weiter befördert. Gestern hat die Festung Schlettstadt kapituliert, 
und tags vorher ist General Wittich mit der 22. Division in Chartres 
eingerückt. Unter den Resten der französischen Loirearmee herrscht 
nach einem Briefe aus Tours große Zuchtlosigkeit. Häufig sind 
die Fälle, wo betrunkne Soldaten ihren Offizieren den Gehorsam 
verweigern und sie der Unfähigkeit und des Verrats beschuldigen. 
Die Übergabe von Metz wird morgen oder übermorgen stattfinden,# 
und Teile der dort bisher festgehaltnen deutschen Armee können 
schon in acht Tagen die im Gebiete der Loire kämpfenden Truppen 
verstärken. — Diesen Morgen äußerte der Chef in Bezug auf die 
Nachricht des Pays, nach der von dritthalb Milliarden Kriegskosten- 
entschädigung die Rede wäre: „Unsinn! Ich werde ihnen viel mehr 
abfordern.“ 
Während des Diners kam man heute, ich weiß nicht mehr, 
wie, auf Wilhelm Tell zu sprechen, und der Minister bekannte, 
daß er den schon als Knabe nicht habe leiden können, und zwar 
erstens, weil er auf seinen Sohn geschossen, dann weil er Geßler 
auf meuchlerische Weise getötet habe. „Natürlicher und nobler 
wäre es nach meinen Begriffen gewesen — setzte er hinzu —, wenn 
er, statt auf den Jungen abzudrücken — den doch der beste Schütze 
statt des Apfels treffen konnte —, wenn er da lieber gleich den 
Landvogt erschossen hätte. Das wäre gerechter Zorn über eine 
grausame Zumutung gewesen. Das Verstecken und Auflauern ge- 
fällt mir nicht, das paßt sich nicht für Helden — nicht einmal für 
Franctireurs.“ 
  
*Verdy, 24. Oktober: „Wir nehmen die Kapitulation von Metz sicher als 
nahe bevorstehend an,“ S. 214. Roon, Denkwürdigkeiten III", 239 vom 25. Ok- 
tober: „Metz muß nun in den nächsten Tagen fallen.“ An demselben Tage be- 
gannen in Schloß Frescaty die Verhandlungen über die Übergabe.
	        
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