Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

326 Zehntes Kapitel 26. Oktober 
Der JNouvelliste wird täglich in zwei Exemplaren an mehrere 
Ecken der Stadt angeschlagen, und wenn die Leute, die ihn da in 
Gruppen lesen, beim Vorübergehen von Deutschen auch Kritiken 
wie Mensonge! oder Impossible! verlauten lassen, so lesen sie ihn 
doch. Heute hatte einer auf das Exemplar in der Nähe der 
Präfektur blague geschrieben, aber Stiebers Geister oder andre 
Wächter der Wahrheit hatten ihn — es war ein Handwerksgesell — 
dabei ertappt, und es heißt, daß er nach Deutschland abgeführt 
werden soll. 
In Bougival hat, wie man beim Frühstück erzählt, bei dem 
neulichen Ausfall ein Seitenstück zu der Tragödie von Bazeilles 
gespielt. Als unfre Vorposten das Dorf verließen, haben mehrere 
Einwohner gemeint, die deutschen Truppen an dieser Stelle dächten 
sämtlich das Feld zu räumen. Sie haben es darauf für ihre 
patriotische Pflicht gehalten, mit Windbüchsen auf eine Abteilung 
Soldaten zu schießen, die die Fahne des 46. Regiments umgaben. 
Aber die Strafe folgte diesem verräterischen Gebaren auf dem 
Fuße. Unsre Leute stürzten sich in die Häuser, aus denen die Schüsse 
gefallen waren, und verhafteten 19 Bauern, die den andern Tag 
vor ein Kriegsgericht gestellt wurden. Gestern hat man, wie es 
heißt, die Schuldigen unter ihnen erschossen. Die Gemeinde muß 
eine außerordentliche Kontribution von 50000 Franken zahlen. Die 
Häuser, aus denen geschossen worden, sind niedergebrannt worden, 
und sämtliche Einwohner sollen veranlaßt worden sein, das Dorf 
zu räumen. 
Mittwoch, den 26. Oktober. Früh Granvilles Depescher für 
den König übersetzt und später einen Auszug für die Presse daraus 
gemacht. Diesen mit der Bemerkung begleitet, daß wir den Fran- 
zosen schon zweimal, durch Favre und am 9. Oktober durch Burnside, 
einen Waffenstillstand zu günstigen Bedingungen angeboten, daß sie 
ihn aber nicht gewollt hätten, weil wir ihn gewollt hätten. Dann 
nach London telegraphiert, daß Thiers freies Geleit zur Reise in 
unser Hauptquartier und Erlaubnis, von da nach Paris zu gehen, 
  
1 Vom 24. Oktober wegen Gewährung eines Geleitscheins für Thiers, der 
durch eine Depesche Bismarcks an Graf Bernstorff in London bewilligt wurde. 
Bismarck-Regesten I, 407.
	        
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