Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

29. Oktober Zehntes Kapitel 331 
Leboeuf und Canrobert nach Schloß Wilhelmshöhe zu senden. 
„Giebt eine Whistpartie,“ sagte er. „Ich habe nichts dagegen und 
werde es dem König empfehlen.“ « 
Darauf äußerte er, es geschähen jetzt so viele sonderbare Dinge, 
an die vorher kein Mensch hätte denken können, daß man die 
wunderbarsten für möglich halten könnte. „Unter anderm könnte 
es sich wohl machen, daß wir den deutschen Reichstag in Ver— 
sailles abhielten, während Napoleon in Kassel das Corps législatif 
und den Senat zu einer Beratung über den Frieden versammelte. 
Er hat die Überzeugung, gegen die sich nicht viel einwenden läßt, 
daß die alte Landesvertretung noch zu Recht bestehe, und daß er 
sie berufen könne, wohin er wolle — freilich wohl nur in Frank— 
reich. Über Kassel wird sich streiten lassen.“ Er bemerkte dann, 
daß er die Repräsentanten der Parteien, „mit denen sich reden 
lasse,“ Friedenthal, Bennigsen und Blanckenburg, hierher berufen 
habe, um ihre Meinung über ein Tagen unsers Parlaments in 
Versailles zu hören. „Von der Fortschrittspartei mußte ich ab- 
sehen; die wollen nur, was nicht möglich ist,“ fuhr er fort. „Sie 
sind wie die Russen, die auch im Winter Kirschen essen und im 
Sommer Austern haben wollen. Wenn ein Russe in einen Laden 
tritt, so verlangt er: Kak nje bud, eigentlich: Was nicht ist." 
Nach dem ersten Gericht wird Prinz Albrecht, Vater, mit 
seinem Adjutanten eingeführt und setzt sich zur Rechten des Chefs, 
um zunächst ein Glas Magdeburger Bier (Liebesgabe und recht 
gut) sowie später den Sekt mit uns zu trinken. Der alte Herr ist 
mit seiner Kavallerie als echter preußischer Prinz immer tapfer und 
pflichtgetren weiter vorgedrungen und bis über Orleans hinaus 
gekommen. Das Gefecht bei Chateaudun? wäre, erzählte er, „ein 
„schauderhaftes“ gewesen. Schließlich erteilt er dem Herzog Georg 
von Meiningen, der ebenfalls keine Gefahren und Entbehrungen ge- 
scheut habe, warme Lobsprüche. „Ja — versetzte der Kanzler —, ich 
will nichts gegen die Fürstlichkeiten sagen, die als Offiziere und 
Führer mitgehen und die Gefahren und Strapazen der Soldaten 
teilen. Aber die, die bloß die Zuschauer bei der Jagd auf Menschen 
  
1 Abeken 483 vom 30. Oktober. 
* Am 18. Oktober. Die Stadt wurde in blutigem Straßenkampf erstürmt.
	        
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