Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

342 Elftes Kapitel 1. November 
der 1200 Gefangnen gedacht wurde, die uns dabei in die Hände 
gefallen waren, und jemand bemerkte, sie seien zum Teil Franc— 
tireurs, sagte der Chef: „Gefangne! Daß sie noch immer Gefangne 
machen. Sie hätten sie der Reihe nach füsilieren sollen.“ 
Beim Diner saß neben Delbrück eine rote Johanniteruniform 
mit schwarzem Vollbart mit stark orientalischen Zügen, ein Graf 
Oriola. Delbrück war diesen Nachmittag mit Bucher, der ihn sonst 
nicht recht leiden zu können scheint, auf dem Aquädukt von Marly 
gewesen, wo sie bei der Abendbeleuchtung eine schöne Aussicht auf 
das neulich von uns vergeblich gesuchte Fort und einen Teil von 
Paris gehabt hatten. Die Fürstlichkeiten des Hotel des Reservoirs, 
der Weimaraner, der Koburger und Fritz von Augustenburg, waren 
ebenfalls draußen gewesen, was den Chef zu einigen Bemerkungen 
veranlaßte. 
Darauf gedachte jemand des Fundes, den Friesen gemacht hatte, 
und des Erlasses des Kriegsministers oder des Stadtkommandanten, 
wonach alle Wertsachen, die man in den von ihren Bewohnern ver— 
lassenen Häusern fände, öffentlich bekannt gemacht und nach einiger 
Zeit, wenn sie von ihren Besitzern nicht reklamiert worden wären, zum 
besten der Kriegskasse konfisziert werden sollten. Der Minister er— 
klärte dies für ganz in der Ordnung, dann fügte er hinzu: „Eigent— 
lich sollten solche Häuser niedergebrannt werden; nur träfe das die 
vernünftigen Leute mit, die zurückgeblieben sind, und so geht es 
leider nicht.“ Er bemerkte dann nach einigem Sinnen und an— 
scheinend ohne Zusammenhang mit dem Vorherigen: „Der Krieg 
ist doch eigentlich der natürliche Zustand der Menschheit.“" 
Wieder nach einer Weile sagte er: „Da erinnere ich mich, daß der 
Bayer mich heute noch zu überfallen vorhat,“ womit er einen Besuch 
des Grafen Bray meinte. Von dem kam man auf den bayrischen 
Gesandten in Berlin, Pergler von Perglas, zu reden, von dem der 
Chef nicht viel zu halten scheint. „Ich sage das nicht, weil er 
Partikularist ist; denn ich weiß nicht, wie ich dächte, wenn ich ein 
Bayer wäre. Aber er ist immer französisch gesinnt gewesen.! Ich sage 
ihm nie was, wenn er zu mir kommt, oder doch nie die Wahrheit."“ 
  
1 Freiherr Pergler von Perglas, geb. 1817, gest. 1893, „ein Diplomat und 
kein Arbeiter; ihm fehlte die Vorbildung für die Erledigung der Geschäfte, die
	        
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