Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

3. November Elftes Kapitel 347 
mit dem Chef bis halb drei Uhr. Die Ansprüche der Franzosen 
sind exorbitant. Es heißt beim Frühstück, daß sie außer einem 
achtundzwanzigtägigen Waffenstillstande zur Vornahme der Wahlen, 
zu deren Prüfung und zur Entscheidung der auf diese Weise zu 
wählenden Nationalversammlung in betreff der Provisorischen Re— 
gierung nichts geringeres als das Recht, Paris und alle andern 
noch in ihrer Gewalt befindlichen und von uns belagerten Festungen 
zu verproviantieren, sowie Freiheit der Wahlen auch in den von 
uns für die Zukunft beanspruchten östlichen Departements verlangen. 
Verproviantierung und militärischer Statusquo reimen sich aber doch 
nach gewöhnlicher Logik nicht mit einander. 
Als Thiers sich einstellte, machte ich mit Willisch und Wiehr 
eine Fußpartie über Glatigny, Chesnay und Rocquencourt nach dem 
Aquädukt von Marly, auf dessen Plattform kurz nachher auch Delbrück 
und Abeken erschienen. Man hatte bei dem hellen Himmel eine 
weitausgebreitete Aussicht. Unter uns lagen in Baumgruppen zerstreut 
die Häuser von Louveciennes, weiterhin zwischen den Wäldern und 
Parks die Dörfer La Celle und Bougival und der lichtblaue Bogen 
der Seine mit einer Kette von weißen Ortschaften. Darüber erhob 
sich rechts auf mäßiger baumloser Höhe das Fort Mont Valerien, 
dessen Fenster in der Nachmittagssonne erglühten, und noch weiter 
zur Rechten begegnete der Blick den westlichen Quartieren von Paris 
mit der Kuppel des Invalidendoms. Links strömte die Seine um 
Inseln und um die Pfeiler gesprengter Brücken Auf derselben 
Seite, etwa eine Stunde Wegs von unserm Standorte, gewahrte 
man Stadt und Schloß Saint Germain, und hinter uns erschienen 
das Schloß Versailles, das hier wie höher liegend als in der Nähe 
aussieht, und eine Anzahl von Dörfern und Landsitzen. Durch 
das Teleskop der Soldaten, die hier beobachten, und deren Be- 
obachtungen durch einen Feldtelegraphisten von hier nach Versailles 
gemeldet werden, erkannte man deutlich auf den Feldern unter dem 
Fort eine Menge von Leuten, die Kartoffeln zu suchen schienen, 
und bei einem weißen Hause nicht fern von den Wällen sah man 
eine Abteilung französischer Soldaten mit flimmernden Bajonetten 
marschieren. 
Um vier Uhr waren wir wieder in Versailles, wo man hörte, 
daß sich Thiers diesmal mit weniger heiterer Miene empfohlen
	        
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