Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

354 Elftes Kapitel 5. November 
für Miß Howard eingerichtet worden sei. Ein andrer sagte, ja, 
indes gehöre sie jetzt einer Herzogin oder Gräfin Bauffremont. „Das 
erinnert mich an Thiers,“ versetzte der Minister. „Der hat wahr— 
scheinlich noch die Absicht, was Geschichtliches zu schreiben. Er 
zieht unsre Unterhandlung immer und immer wieder dadurch in die 
Länge, daß er Allotria einmischt. Er erzählt, was er da und dort 
gethan oder geraten habe, fragt, wie sich das und jenes verhalten, 
wie man unter den oder jenen Umständen gehandelt haben würde. 
So erinnerte er mich auch an eine Unterhaltung, die ich mit dem 
Herzog von Bauffremont im Jahre 1867 gehabt hätte. Ich sollte 
da gesagt haben, daß der Kaiser 1866 seinen Vorteil nicht ver- 
standen habe, daß er auch ein Geschäft habe machen können, wenn 
auch nicht auf deutschem Boden u. s. w. — Das ist im ganzen 
richtig. Ich weiß noch, es war im Tuileriengarten, und die Militär- 
musik spielte gerade. Napoleon hatte 1866 im Sommer nur nicht 
die Courage, zu thun, was er von seinem Standpunkte aus mußte. 
Er hätte — nun er hätte den Gegenstand des Benedettischen Vor- 
schlags, als wir gegen Osterreich vorgingen, besetzen und als Pfand 
für das, was kommen konnte, vorläufig behalten sollen. Wir konnten 
ihn damals nicht hindern, und daß England ihn angriff, war nicht 
wahrscheinlich, jedenfalls konnte ers abwarten. Wenn es uns glückte, 
mußte er versuchen, sich Rücken an Rücken mit uns zu stellen und 
uns zu weiterm Zugreifen zu ermutigen. Aber (zu Delbrück ge- 
wandt, indem er sich etwas vorbeugt und sich dann wieder auf- 
richtet, wie das bei solchen Gelegenheiten seine Gewohnheit ist) er 
ist und bleibt ein Tiefenbacher!“1 Er verbreitete sich dann über 
Bauffremont. Dieser wäre, sagte er, aus sehr alter, in Burgund 
reich begüterter Familie, Roué, vortrefflicher Cancantänzer, auf den 
Tanzsälen der Pariser Grisetten und Kokotten zu Hause, geistreich, 
aber nichtsnutzig. Nachdem er sein Vermögen durchgebracht hätte, 
hätte er eine reiche Frau geheiratet und nun auch deren Geld zu 
verthun angefangen, bis dem eine Scheidung von Tisch und Bett 
Einhalt gethan habe. 
Man hört, daß Keudell Abgeordneter werden will; wenn ich 
  
1 Wallensteins Lager 101 — — „HSind Tiefenbacher, Gevatter Schneider 
und Handschuhmacher u. f. f.“
	        
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