5. November Elftes Kapitel 361
wir die Hand auf Belgien legen, geheim bleiben müsse, so möchte
ich Sie ersuchen, diese Schätzung der Sachlage durch detaillierte
Beobachtungen zu rechtfertigen. Denn die mehr oder minder ins
Unbestimmte gehende Hinausschiebung des Gebietswechsels könnte
sogar eine verhängnisvolle Beschleunigung der belgischen Frage ver—
ursachen.“
Am Schlusse des Briefes wird Benedetti ermächtigt, wenn er
es für nötig erachte, auf einige Zeit nach Karlsbad zu gehen. Graf
Benedetti hat diesen Brief am 29. August beantwortet. Hier spricht
er zum erstenmale Zweifel aus, ob man auf Preußens Aufrichtigkeit
in der Sache werde rechnen können. Er bemerkt, daß ihm ein ge—
wisses Mißtrauen des Grafen Bismarck darüber entgegentrete, ob
der Kaiser Napoleon solche Verhandlungen benutzen werde, um in
England Argwohn gegen Preußen zu erregen. Er äußert darüber:
„Welchen Grad von Vertrauen können wir unsrerseits Leuten ent—
gegenbringen, die solchen Berechnungen zugänglich sind?“ Er gedenkt
der Mission, die General Manteuffel in Petersburg erfülle, und
fürchtet, „daß man preußischerseits anderwärts Zusicherungen erlangt
habe, nach denen man davon absehen könne, mit Frankreich zu
rechnen. Preußen bedarf, wie Herr von Bismarck dem Könige
gesagt zu haben behauptet, des Bündnisses mit einer Großmacht;
wenn man das mit Frankreich ablehnt, so liegt der Grund darin,
daß man schon versehen oder nahe dabei ist, versehen zu sein.“
Um Aufklärung hierüber abzuwarten, hält Benedetti den Augenblick
für gekommen, auf vierzehn Tage nach Karlsbad zu gehen, wo er
sich bereit halten will, auf jedes von Herrn von Bismarck an ihn
gerichtete Telegramm nach Berlin zurückzukehren. Während seiner
Abwesenheit aber reiste auch der Ministerpräsident von Berlin ab,
um erst im Dezember zurückzukehren.
Die geheimen Verhandlungen haben also jetzt mehrere Monate
geruht. Später sind sie, immer von Benedetti, zu verschiednen malen
wieder aufgenommen worden, und wenn Benedetti auf Seite 185
seines Buches behauptet, es sei ein Irrtum, wenn Herr von Bismarck
die Verhandlungen über Belgien, die 1866 stattgefunden, in das
Jahr 1867 verlege, so ist daraus nur zu schließen, daß der fran—
zösische Botschafter auch im Jahre 1867 die im vorhergehenden
unterbrochnen, von dem preußischen Teilnehmer nur zum Zwecke