7. November Elftes Kapitel 365
Aus andern Quellen erfuhr man über die hier angedeuteten Vor-
gänge und über die nunmehrige Situation noch folgendes. Die
Weisung kam Thiers in einem kurzen trocknen Schreiben Favres
zu, das ihn nach Tours zurückschickte, wohin er heute abgereist ist.
Er ist, wie der Kanzler mir mitteilte, sehr niedergeschlagen gewesen
über die thörichte Hartnäckigkeit der Pariser Regenten, die er selbst
nicht teilen kann, und die auch mehrere Mitglieder der Provisorischen
Regierung nicht zu beseelen scheint. Favre und Picard, namentlich
der letzte, sehnen sich nach dem Frieden und sind nur den andern
gegenüber zu schwach, ihren Wunsch durchsetzen zu können. Gambetta
und Trochu wollen keine Wahlen, da sie aller Wahrscheinlichkeit
nach ihrer Herrschaft ein Ende machen würden. Diese Herrschaft
steht aber auch so auf schwachen Füßen. Sie kann in Paris jeden
Tag umgestoßen werden, und in der Provinz wanken ihre Stützen
ebenfalls. Im Süden erkennen Marseille, Toulouse und eine An-
zahl von Departements die Regierung der nationalen Verteidigung
nicht mehr an, weil sie ihnen nicht radikal genug, d. h. nicht kommu-
nistisch ist, und hier wie anderwärts steigen bei allen, die zur be-
sitzenden Klasse gehören, die Aussichten der imperialistischen Partei
von Tage zu Tage.
Ich machte Artikel in diesem Sinne: wir wären zu allem, was
möglich, bereit, aber der Ehrgeiz der Herren Favre und Trochu
wiese, um nicht durch die Stimme der wahren Vertreter des
französischen Volks gezwungen zu werden, das Heft, das sie durch
eine Emeute in die Hände bekommen, loslassen zu müssen, alle
unfre Zugeständnisse zurück. Dieser Ehrgeiz allein verlängere den
Krieg. Wir dagegen bewiesen durch Nachgiebigkeit bis zur äußersten
Grenze, daß wir den Frieden wollten.
Nachmittags war ich wieder eine Stunde draußen bei den
Offizieren in Grand Chesnay. Sie erwarteten stündlich, alarmiert
zu werden, und wünschten sehnlichst den Beginn des Bombardements
herbei.
Auch bei Tische, wo Major von Alten, Flügeladjutant des
Königs, sowie Graf Bill und der Leutnant Philipp von Bismarck,
der Neffe des Ministers, mit uns aßen, wurde von der Verzögerung
des Bombardements gesprochen, und der Kanzler erklärte das durch
die Zeitungen gehende Gerücht, daß er es nicht wolle, während die