Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

9. November Elftes Kapitel 369 
Herren für ihre Privatangelegenheiten von dem elektrischen Drahte 
machten. 
Der Kanzler sagte nach einer Weile: „Nun telegraphiert, wie 
ich höre, auch der Augustenburger. Das geht aber doch nicht. 
Auch der Koburger hat dazu kein Recht. Der Telegraph ist für 
militärische und diplomatische Zwecke da, nicht für die Küche und 
den Stall und das Theater der Potentaten. Keiner von diesen hat 
ein Recht — ihr Recht hört an der deutschen Grenze auf.“ 
Als dann jemand erwähnte, daß bei Epernay die Franctireurs 
und Bauern die Leitungen gestört und ähnlichen Unfug getrieben 
hätten, bemerkte der Minister: „Ja, da sollten sie doch gleich drei, 
vier Bataillone hinschicken und sechstausend Bauern nach Deutsch- 
land transportieren, bis der Krieg vorbei wäre.“ 
„Vier= bis sechshundert wären auch genug — meinte Del- 
brück —, der Schreck würde seine Wirkung nicht verfehlen." 
Später kam der Chef auf die französische Presse zu reden und 
sagte, es wäre ganz unglaublich, mit welchen Invektiven manche 
Blätter uns bewürfen. „Da habe ich eins dem Könige geschickt 
— etwas unvorsichtig; denn er wird darin ebenfalls schlecht behan- 
delt —, in dem wird mir allerlei Greuel nachgesagt, den ich in meinem 
Privatleben begehen soll, ich soll meine Frau mit der Karbatsche 
prügeln, kein Berliner Bürgermädchen wäre sicher davor, in mein 
Harem geschleppt zu werden, ich hätte mir Unterschlagungen zu 
Schulden kommen lassen, mit Dienstgeheimnissen an der Börse speku- 
liert u. dgl. So was bringen sie doch in Deutschland nicht fertig.““) 
„Das Harem ist vermutlich hinten im Garten, in dem Häuschen, 
wo die Schutzmänner sind,“ bemerkte Delbrück. „Wenn die fran- 
zösischen Journalisten erst von diesem Häuschen wüßten, was würden 
sie da für Mysterien erzählen!“ 
Abends kommt Löwinsohn mit L. Pietsch, der sich die Meinung 
gebildet hat, daß wir ihn hier nötig haben. Aus welchem Grunde, 
ist nicht zu sehen. Er erzählt aber eine gute Anekdote aus der 
Schlacht bei Sedan, die unsern Bohlen freuen wird. Als einer 
der kleinen Herren, dessen Abneigung gegen Kugelgefahr allgemein 
bekannt zu sein scheint, in der Nähe des Kronprinzen seitwärts von 
  
*) Vgl. weiter unten. 
Busch, Tagebuchblätter 1 24
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.