Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

10 Erstes Kapitel 7. März 
Zuletzt diktierte er mir die größere Hälfte der Korrespondenz, 
die darauf in ihrer neuen Gestalt durch Metzler an das rheinische 
Blatt abging. · 
Er hatte in betreff dieses Auftrags tags vorher zu mir ge— 
sagt: „Ich denke mir das so. Ein Korrespondent aus Paris muß 
seine Meinung über meinen Streit mit Lasker und den andern 
wegen Badens äußern und dabei Gründe vorbringen, die ich da— 
mals nicht anzuführen für gut fand. Niemand, so muß er sagen, 
würde es geraten finden, in die gegenwärtige bayrische Entwicklung 
einzugreifen, den König, der gut zu sein scheine, zu irritieren und 
auf der andern Seite die konstitutionelle Bewegung in Frankreich zu 
stören. Letzteres muß dem Korrespondenten die Hauptsache sein. 
Das Weitergehn auf der konstitutionellen Bahn verbürgt den Frieden 
und wäre wiederum von diesem bedingt. Die, die die Freiheit er— 
strebten, wollten keinen Krieg mit uns, aber sie könnten doch nicht 
wider den Strom, wenn wir in Süddeutschland etwas vornehmen, 
was die öffentliche Meinung bei ihnen als gegen das Interesse und 
das Ansehen Frankreichs anstoßend ansähe. Drittens dürfe man 
augenblicklich nicht in den Gang des Konzils mit seinen möglichen 
Folgen für Deutschland durch eine Diversion eingreifen. . .. Diese 
Dinge — so fügte er hinzu — sind abzuwarten. Ich konnte ihnen 
das nicht sagen. Sie hätten, wenn sie Politiker wären, von selber 
darauf kommen müssen. Aber sich derartige Gründe der Enthalt— 
samkeit zu vergegenwärtigen — von selbst —, das pflegen aller- 
dings parlamentarische Interpellanten nicht für ihre Aufgabe an- 
zusehen.“ 
Jetzt lautete die von ihm diktierte zweite Hälfte des Artikels 
wie folgt: „Wer hier in Paris hat beobachten können, wie schwer 
die Geburt der jetzigen konstitutionellen Phase geworden ist, welche 
Hindernisse diese jüngste Entwicklung der französischen Politik zu 
überwinden hat, wenn sie festwachsen soll, wie mächtig die Einflüsse 
sind, deren Leiter nur darauf warten, daß ihnen irgend ein Vorwand 
gegeben werde, das Kind in der Wiege zu ersticken, der wird mit 
Sorge den auswärtigen Horizont beobachten und durch jeden 
schwarzen Punkt, der sich an demselben erzeugt, seine Hoffnung auf 
sichre und ruhige Entwicklung des neuen Systems wesentlich herab- 
gestimmt finden. Der dringende Wunsch eines jeden aufrichtigen
	        
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