378 Elftes Kapitel 10. November
der man sich am 19. September, als dem Tage, wo unsre Truppen
die Einschließung von Paris vollendeten, befand. Wir sollten Paris
verproviantieren lassen, das jetzt schon Mangel litt und bald vor der
Notwendigkeit, Hunger zu leiden oder sich zu ergeben, stehen mußte.
Wir sollten auf unsre Operationen verzichten, die wir gerade jetzt,
nachdem durch den Fall von Metz die Armee des Prinzen Friedrich
Karl uns zur Verfügung wieder gegeben war, weiter ausdehnen
und mit größerm Nachdruck ausführen konnten. Wir sollten die
Rekrutierungen und Formationen, durch die die französische Republik
sich wieder eine Feldarmee zu schaffen suchte, ruhig gestatten, während
unsre Armee keiner Rekrutierung bedurfte. Während wir versprechen
sollten, Paris und die übrigen französischen Festungen mit Lebens—
mitteln versehen zu lassen, sollten wir unsre Truppen ohne die in
Feindesland gebotnen Requisitionen ernähren. Alle diese Forderungen
sollten wir zugestehen, ohne daß uns die Gegner irgend ein mili—
tärisches oder politisches Aquivalent dafür (z. B. für die Verprovian—
tierung die Einräumung von einem oder zwei Forts der Befestigungen
um Paris) oder eine bestimmte Aussicht auf Frieden geboten hätten.
Die Aussicht, durch die mit dem Waffenstillstande zu verbindende
Wahl einer konstituierenden Versammlung zu geordneten Zuständen
unter einer allgemein anerkannten Regierung zu gelangen, die die
Thierssche Denkschrift als den nächsten Zweck des Waffenstillstandes
bezeichnet, lag ohne Zweifel mehr im Interesse der Franzosen als
in dem unsern, konnte, wenn man die fortwährend durch aufregende
Proklamationen der Provisorischen Regierung genährte Erhitzung der
Gemüter bedenkt, nicht einmal als eine sichre betrachtet werden und
ließ sich, wenn die jetzige Regierung nur ernstlich dazu geneigt war,
auch ohne den ganzen Apparat eines Waffenstillstandes erreichen.
Mit diesen Vorschlägen war deutscherseits schlechterdings nichts an-
zufangen. Die Sache mußte anders gestaltet werden, und so bot
der Bundeskanzler Herrn Thiers einen Waffenstillstand auf der Basis
des militärischen Statusquo an, der fünfundzwanzig bis achtund-
zwanzig Tage dauern und die Franzosen in den Stand setzen sollte,
die Wahlen in Ruhe vorzunehmen und die daraus hervorgehende
Versammlung zusammentreten zu lassen. Auch dies war ein Zu-
geständnis von unsrer Seite, bei dem alle Vorteile auf der der
Franzosen waren. Wenn, wie Thiers behauptete, Paris noch auf