380 Elftes Kapitel 10. November
aber nur von Fischern und geringen Leuten gegessen.“ Er setzte
hierauf seine Vorzüge auseinander und kam dabei auf den Kaviar
zu sprechen, dessen verschiedne Sorten er mit Kennerschaft charakteri-
sierte. „Sehr gut — sagte er — ist frischer, den man jetzt auch
in Berlin haben kann, seitdem es von Petersburg bis dahin nur
vierzig Stunden Eisenbahnfahrt ist. Ich habe dort mehrmals schon
welchen gehabt, und eins meiner Hauptgravamina gegen den dicken B.
besteht darin, daß er mir vierzig Pfund von diesem Kaviar, die ich
dem König einmal schickte, unterschlagen hat. Ich ahnte so was,
als der König nichts davon erwähnte und mir nichts dafür wieder—
gab, und später sagte mir Perponcher, oder wers war, daß er zufällig
durch seine Stube gegangen sei, und da habe er ein Faß voll Kaviar
mit einem Löffel drin stehen sehen. Das hat mich sehr verdrossen.“
Nach einer Weile sagte er: „Wie viele Ähnlichkeiten sich zwischen
den Galliern und den Slawen finden, ist mir heute einmal wieder
recht deutlich geworden, wo es geschneit hat. Dieselben breiten
Straßen, dieselben dicht nebeneinander stehenden Häuser, dieselben
oft flachen Dächer wie in Rußland. Bloß die grünen Zwiebel—
türme fehlen. Dafür aber andres: Werst und Kilometer, Arschine
und Meter ist dasselbe; auch an die Neigung zur Zentralisation,
an die Einerleiheit der Anschauungen aller kann man denken, und an
den kommunistischen Zug im Volkscharakter.“
Er gedachte dann der wunderbaren Welt von heute, die „alles
auf den Kopf stelle, was bisher auf den Füßen gestanden habe,“
und „die seltsamsten Verschiebungen zeige.“ „Wenn man bedenkt
— so erläuterte er —, der Papst vielleicht nächstens in einer pro-
testantischen deutschen Kleinstadt — Brandenburg an der Havel,“
ruft Bohlen dazwischen —, der Reichstag in Versailles, 1 das Corps
lgislatif in Kassel, Garibaldi nach Mentana französischer General
geworden, päpstliche Zuaven Seite an Seite mit ihm fechtend“ —
worüber er sich dann noch eine Weile verbreitete.
„Heute hat auch Metternich: an mich geschrieben,“ sagte er
dann plötzlich. „Er will, daß wir Hoyos hineinlassen, damit er
die Osterreicher heraushole. Ich habe ihm geantwortet, daß sie seit
1 Ebenso Roon III/, 248 vom 7. November.
2 Fürst M., österreichischer Botschafter in Paris.