Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

12. November Elftes Kapitel 389 
bezweifelt stark, daß er etwas leisten wird, aber die Leute, die 
immer Argumente zur Hand haben, sagen uns: „Es ist ein glor- 
reicher Names, und damit denken sie alles beantwortet zu haben."“ 
Sonnabend, den 12. November. Früh heller Himmel. 
Der Chef bekommt von Militärmusik ein Morgenständchen. Später 
werde ich zu ihm gerufen, um Aufträge zu empfangen. Ich ziehe 
Berichte über die Vergangenheit Cluserets, des alten Soldaten der 
roten Revolution, aus, der jetzt die Streitkräfte der im Entstehen 
begriffnen südlichen Föderation organisieren soll, und stelle die 
Zahlen der seit der Kapitulation von Metz wieder in die deutsche 
Gefangenschaft geratnen Franzosen zu einer lbersicht zusammen. 
Es sind beinahe 14000 Mann, die sich in Schlettstadt, Fort 
Mortier, Neubreisach, Le Bourget, Montereau, Verdun und bei 
einigen kleinern Affairen ergeben haben und nun auf dem Wege 
nach Deutschland sind. 
Beim Frühstück ist Wollmann, der eben angekommen ist, zu- 
gegen. Beim Diner haben wir Dr. Lauer als Gast unter uns. 
Es giebt geräucherte Maränen, pommersche Gänsebrust, eine Stiftung 
Buchers, der sie seinerseits als Liebesgabe von Rodbertus bekommen 
hat, Magdeburger Sauerkraut und Leipziger Lerchen, vermutlich 
ebenfalls Gaben der Heimat. Bei den Maränen wird der Chef 
abgerufen. Er geht durch den Salon und kommt durch die eine 
der auf die Hausflur mündenden Thüren mit einem Offizier in 
preußischer Uniform, der einen Vollbart trägt, in das Speisezimmer 
zurück, durch das sie sich dann in den Salon begeben. Man hört, 
daß der Offizier der Großherzog von Baden ist. Nach etwa zehn 
Minuten ist der Minister wieder bei uns. Er ist sehr verdrießlich 
und ungehalten und sagt: „Das wird doch zu arg. Nicht einmal 
beim Essen Ruhe. Zurletzt laufen sie einem noch bis ins Schlaf- 
zimmer nach. Das muß aufhören. Es ist in Berlin nicht so. Da 
melden sich die Leute, die etwas von mir wollen, schriftlich an, 
und ich bestimme ihnen eine Stunde, die mir paßt. Warum nicht 
auch hier?“ 
Er ißt etwas. Dann bemerkte er den aufwartenden Kanzlei- 
  
Abeken 450. Es war gegen zehn Uhr, denn früher hätte es den Kanzler 
gestört. 6
	        
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