Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

17. November Zwölftes Kapitel 411 
Ein andres Telegramm meldet die Wahl des Herzogs Amadeus 
von Aosta zum Könige von Spanien. Der Chef sagt: „Da be- 
daure ich ihn — und sie. Er ist übrigens mit geringer Majorität 
gewählt — nicht mit den zwei Dritteln, die es ursprünglich sein 
sollten. Es sind etwa 190 Stimmen für, 115 nicht für ihn.“ — 
Alten freut sich über das monarchistische Gefühl der Spanier, das 
doch zuletzt den Sieg davongetragen habe. — „Ach, diese Spanier 
— erwidert der Minister — sind ein Volk ohne Ehrgefühl und 
Anstand. Das zeigte sich beim Ausbruche des Krieges. Hat ein 
einziger von diesen Kastiliern, die das Ehrgefühl gepachtet haben 
wollen, auch nur seine Entrüstung über die Ursache des jetzigen 
Kriegs ausgesprochen, die doch in ihrer frühern Königswahl lag 
und darin, daß Napoleon in ihre freie Bestimmung hineinredete, 
sie als Vasallen behandelte?"“1 — „Diese Spanier sind eigentlich 
lauter Angelo de Mirandas, der früher ein falscher Spieler war, 
dann der Vertraute Prims und wahrscheinlich auch des Königs“ — 
was er dann weiter erörtert.? 
Jemand äußert, jetzt sei es aus mit der Kandidatur des 
Prinzen von Hohenzollern. „Ja — entgegnete der Chef —, aber 
nur, weil er nicht wollte. Noch vor ein paar Wochen sagte ich 
ihm: Jetzt ists noch Zeit. Aber er hatte keine Lust mehr dazu.“ 5 
Abends beim Thee wurde erzählt, daß Borck sich ungemein 
freue, zu wissen, daß wir noch vor dem Feste zu Hause sein würden. 
Er habe zum Könige gesagt, nun müsse man wohl an die Weihnachts- 
geschenke für die Königin denken. — „Nun — habe Seine Majestät 
gefragt —, wie lange haben wir denn noch bis Weihnachten?“ — 
„Fünf Wochen, Majestät.“ — „Na, bis dahin sind wir zu Hause.“ 
Wohl Fabel oder Mißverständnis. Indes wollen wirs uns notieren. 
Später teilte mir Bohlen mit, daß er Stieber die Notizen zu 
dem Artikel in Nummer 46 der Gartenlaube: „Drei Mächtige 
zwischen ihren vier Wänden,“ soweit er von dem häuslichen Leben 
  
1 G. u. E. II, 80 f. 
2 Vgl. die Außerung Bismarcks gegen Angelo de Miranda am 12. Oktober 
1870. Tischgespräche I, 57 f. 
3 Gegen Abeken äußerte der Prinz am 21. November, jetzt, nun er von 
dem Damoklesschwert der Königswahl befreit sei, dürfe er anfangen, sich für 
Spanien zu interessieren. Abeken S. 451.
	        
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