23. November Zwölftes Kapitel 423
und Pläne der Polen gemacht hat, zu der Rheinischen Zeitung eben—
falls in naher Beziehung steht. „Ich mochte — so schloß er dieses
erbauliche Kapitel — mit seinen Geschichten nichts zu thun haben,
und so übergab ich sie Stiebern, der dann von den Russen eine
Dose für zweitausend Thaler gekriegt hat.“
Im fernern Verlauf des Gesprächs sagte Bohlen zu Keudell:
„Gestern hätten Sie mal den Chevalier — beim Kaffee sehen sollen.
Wie der sich angepfiffen hatte! Redete allerlei durcheinander und
fiel selbst dem Minister ins Wort, der sichs geduldig gefallen ließ
und nur einmal sagte: »Erlauben Sie, ich bin noch nicht fertig.« —
Er war ganz Republikaner, der Chevalier. »Wenn man soviel mit
diesen Fürsten zusammen sein muß — sagte er —, da möchte man
gleich Republikaner werden.““
Mittwoch, den 23. November. Heute früh sagte ich zu
Bucher: „Nun, wissen Sie, wie es mit den bayrischen Verträgen
steht? Heute abend wird die Sache wohl geordnet sein!“
„Ja — lautete die Antwort —, wenn nicht noch etwas
dazwischen kommt, und das braucht an sich nichts bedeutendes
zu sein. Raten Sie, woran der Vertrag noch kürzlich beinahe ge-
scheitert wäre?“
„Nun?“
„An der Frage: ob Kragen oder Epauletten. Der König von
Bayern wollte die Kragengeschichte nicht aufgeben, während unser
König durchaus die unfrige an ihre Stelle haben wollte. Der
Chef hat ihn schließlich durch die Vorstellung herumgebracht: ? Aber,
Majestät, wenn nun jetzt nichts zustande kommt, und die Bayern
uns in zehn Jahren vielleicht im Felde gegenüberstehen — was
soll die Geschichte sagen, wenn man erfährt, daß die Sache hier
an den Kragen gescheitert ist# Der König ist übrigens nicht der
Schlimmste, sondern der Kriegsminister.“1
Ich konnte, da ich abgerufen wurde, mir in dem Augerblicke
das Rätsel, das hierin lag, nicht lösen lassen. Später erfuhr ich,
daß es sich um die Frage gehandelt hat, ob die bayrischen Offiziere
1 K. Friedrichs Tagebuch vom 21. November: „Bismarck sagt mir — Roon
drohe die Militärverhandlungen über die äußern Adbzeichen abzubrechen. Wir
bleiben doch am grünen Tisch ewig dieselben.“ Es handelte sich dabei auch um
den bayrischen Naupenhelm, Poschinger, Tischgespräche II, 51.