Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

23. November Zwölftes Kapitel 425 
Minister lobte wieder die Energie der Bayern, fügte aber mit Bezug 
auf den zweiten Fall hinzu: „Man muß die Leute entweder so 
rücksichtsvoll als möglich behandeln, oder unschädlich machen. Eins 
von beiden.“ Und nach einigem Besinnen fügte er hinzu: „Höflich 
bis auf die letzte Galgensprosse, aber gehenkt wird er. Grob darf 
man nur gegen seine Freunde sein, wo man überzeugt ist, daß sies 
nicht übelnehmen. Wie grob ist man zum Beispiel gegen seine 
Frau!“ — „Ach, da fällt mir ein, Herr von Keudell, telegraphieren 
Sie doch nach Reinfeld: Brief von Graf Bismarck, wenn er kommt, 
anzuhalten und poste restante oder nach Berlin zu schicken. Ich 
habe nämlich meiner Frau verschiedne Sachen geschrieben, die nicht 
von Ehrerbietung überfließen, und mein Schwiegervater ist ein 
alter einundachtzigjähriger Herr; der macht ihn auf (die Gräfin, 
die ihn in Reinfeld besucht hat, ist inzwischen weggereist) und 
liest ihn und zeigt ihn dem Pastor, und der sagts weiter, und 
nächstens steht der Brief in der Zeitung.“ 
Es wird auf Anregung des Fürsten Putbus von einer Marquise 
della Torre gesprochen, die nach dessen Bericht „eine etwas orageuse 
Vergangenheit hinter sich hat und infolgedessen vom — ins Auge 
gefaßt worden ist.“ Sie liebe das Lagerleben, sei mit Garibaldi 
vor Neapel gewesen und befinde sich seit einiger Zeit hier, wo sie 
mit der Genfer Kreuzbinde umhergehe. 
Jemand erwähnte das bei Bleibtreu bestellte Gemälde, und 
das brachte einen andern Tischgenossen auf die Skizze zu einem 
andern, das den General Reille darzustellen bestimmt sei, wie er 
auf dem Berge vor Sedan dem Könige den Brief Napoleons über- 
bringt. Man tadelte, daß der General hier die Mütze in einer 
Weise abnehme, als ob er Hurra oder Vivat rufen wolle. 
Der Chef bemerkte: „Er betrug sich durchaus anständig und 
würdig. — Ich sprach dann allein mit ihm, während der König 
die Antwort schrieb. Er machte mir Vorstellungen: man würde 
einer so großen Armee, und die sich so tapfer geschlagen hätte, nicht 
harte Bedingungen stellen. Ich zuckte die Achseln. Da sagte er, 
ehe sie sich darein fügten, sprengten sie sich mit der Festung in die 
Luft. Ich sagte: °Sprengen Sie sich nur — faites Sauter! — 
Ich fragte ihn dann, ob der Kaiser denn der Armee, der Offiziere 
noch sicher sei. Er bejahte es. Und ob sein Wort und Befehl
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.