Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

426 Zwölftes Kapitel 23. November 
wohl auch in Metz noch gelte? Reille bejahte das ebenfalls, und 
wie wir gesehen haben, hatte er zu der Zeit noch Recht.“ — — — 
„Ich glaube, wenn er damals Frieden gemacht hätte, wäre er jetzt 
noch ein achtbarer Regent. Er ist aber ein dummer Mensch. 
Ich habe das schon vor sechzehn Jahren gesagt, wo mirs niemand 
glauben wollte! Dumm und sentimental.“ — „Der König dachte 
übrigens in dem Augenblicke, es gäbe nun Frieden, und wollte von 
mir die Bedingungen hören, die wir ihnen stellen sollten. Ich 
sagte ihm aber: »Majestät, soweit sind wir wohl noch nicht.1 — 
Die Durchlauchtigen und die Hoheiten drängten sich dabei so heftig 
an uns heran, daß ich den König zweimal bitten mußte, den Stand— 
ort zu wechseln.“ 
Abends berichtet Löwinsohn, daß einem der Journalisten, die 
von hier korrespondieren, ein Unglück zugestoßen ist. Der Dr. Kayßler, 
der die Berliner Zeitungen mit Berichten versieht, soll seit etwa 
acht Tagen auf einer Reise nach Orleans verschwunden sein, und 
man befürchtet, daß er von den Franctireurs umgebracht worden 
oder wenigstens in Gefangenschaft geraten ist.“) Weniger betrüben 
würde, wenn das einem Korrespondenten preußenfeindlicher Blätter 
in Wien und Frankfurt, einem gewissen Voget, widerfahren wäre, 
der, wie es scheint, das Privilegium zu haben wähnt, von hier 
unter dem Schutze der deutschen Behörden allerlei Verleumdungen 
in die Welt zu schreiben. Schon zu Anfang des Krieges, bei 
Saarbrücken, soll er Zank mit unsern Offizieren provoziert haben, 
und jetzt hat er sich unterstanden, zu berichten, die Preußen hätten 
bei Orleans die Bayern im Stiche gelassen, indem sie nicht zu 
rechter Zeit zur Hilfe erschienen seien, verschuldeten also gewisser- 
maßen die Niederlage. Den fortjagen wäre zweckmäßiger als die 
Geschichte mit dem armen Hoff. 
— — — — 
Nach der Kapitulation sagte der König, der die Widerstandskraft Frank- 
reichs nach seinen eignen Erfahrungen von 1814 besser erkannte als seine Um- 
gebung, vor den Fürsten und Offizieren: „Glauben Sie nicht, daß der Krieg zu 
Ende ist, eine Nation wie die französische erklärt sich nicht ohne weiteres für 
überwunden, wir haben noch einen schweren Kampf vor uns.“ F. Hönig, Der 
Volkskrieg an der Loire I2, 338. 
*) Wie bekannt, war das zweite der Fall.
	        
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