Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

30. November Dreizehntes Kapitel 453 
wenig Raum, daß er, je nachdem er empfängt oder arbeitet oder 
sonst eine Funktion hat, das Zimmer räumen muß. Sein Legations- 
sekretär hat im Hause eine bessere Stube als er.“ — „Das in Paris 
ist schön und wohlgelegen. Es ist wohl das beste Gesandtschafts- 
hotel in Paris und repräsentiert einen hohen Wert, sodaß ich mir 
schon die Frage vorgelegt habe, ob wir es nicht verkaufen und 
dem Gesandten die Zinsen des Kapitals, das wir dafür kriegen 
könnten, als Mietsentschädigung geben sollen. Dritthalb Millionen 
Franken, die Zinsen davon, das würde eine schöne Aufbesserung 
seines Gehalts sein, der nur hunderttausend Franken beträgt. 
Aber wie ich mirs näher überlegte, ging es doch nicht. Es schickt 
sich nicht, es ist eines großen Staates nicht würdig, wenn seine 
Gesandten zur Miete wohnen, wenn sie Exmissionen ausgesetzt sind, 
und wenn bei einem Umzug Staatsschriften in Karren über die 
Straße gefahren werden. Wir müssen eigne Häuser haben, und 
wir sollten überall welche haben.“ — „Mit dem in London hat 
es übrigens eine eigne Bewandtnis. Das gehört dem Könige, und 
es kommt da ganz auf die Energie an, mit der der betreffende 
Botschafter sein eignes Interesse wahrzunehmen weiß. Es kann da 
geschehen, daß der König gar keine Miete kriegt, und — es geschieht 
bisweilen wirklich."“ — — 
Der Chef lobte Napier, den frühern englischen Gesandten in 
Berlin. „Es ging sich sehr gut mit ihm um,“ bemerkte er. „Auch 
Buchanan war gut, zwar ein wenig trocken, aber äußerst zuver- 
lässig. Jetzt haben wir Loftus. Die Stellung eines englischen Ge- 
sandten in Berlin hat ihre besondern Aufgaben und Schwierigkeiten, 
schon wegen der verwandtschaftlichen Verhältnisse. Sie verlangt viel 
Takt und Aufmerksamkeit.“ (Wohl eine stillschweigende Andeutung, 
daß Mr. Loftus dieses Verlangen nicht erfülle.) 
Der Minister lenkte dann (offenbar um die Unbeholfenheit des 
dermaligen Vertreters Ihrer Britischen Majestät noch deutlicher zu 
bezeichnen) die Rede auf Gramont, wobei er sagte: „Der und Olli- 
vier sind mir auch die Rechten. Wenn mir das passiert wäre, so 
wäre ich, nachdem ich solches Unglück angerichtet, doch wenigstens 
in ein Regiment getreten, meinetwegen auch Franctireur geworden, 
und wenn ich darüber gehenkt worden wäre. Der große, starke, 
ungeschlachte Gramont paßte ganz gut zum Kriegsgewerbe.“
	        
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