Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

30. November Dreizehntes Kapitel 457 
angesichts solcher Thatsachen noch die Notwendigkeit einer regelrecht 
eingesetzten Regierung in Abrede stellen? — Noch eine andre Klasse 
von Bürgern widersetzt sich jetzt den Wahlen. Es sind die Leute, 
die zur Zeit am Ruder sind. Fürchten sie etwa, daß das Land sie 
zu ihrer frühern Beschäftigung zurückverweisen wird? Jedenfalls 
erlaubt uns die Hartnäckigkeit, mit der sie an der Diktatur festhalten, 
sie mit allem Mißtrauen zu betrachten. Sie sehen, daß die Macht, 
die sie sich willkürlich angemaßt haben, ihnen entschlüpft, sie ver- 
suchen, sich wieder in ihr zu befestigen, und man munkelt in diesen 
Regionen von einer Volksabstimmung zum Zweck der Erhaltung des 
Statusquo und von der Bildung einer Art Bastard-Volksvertretung 
für die Zeit des Krieges. Wir lassen uns aber durch solche plumpe 
Scheinbilder der Freiheit nicht täuschen, sondern verlangen unauf- 
hörlich freie und gleiche Willensäußerung für alle. Die Zeit ist 
nicht dazu angethan, den Wähler ein Ja oder Nein für den oder 
jenen Kandidaten in die Urne werfen zu lassen. Man hat den 
Vorhang fallen lassen über die Komödie mit dem Plebiszit, die 
ausgepfiffen worden ist, und wir sagen es zur Ehre unsers Landes. 
laut: Ein dahin gehender Vorschlag kann nicht im Ernste gemeint 
sein. Nichts hindert uns, sofort Munizipalwahlen vorzunehmen, 
um den Stadt= und Dorfgemeinden ihr heiligstes Recht wiederzugeben, 
dessen sie von der Pariser Anmaßung, der Vormund Frankreichs zu 
sein, ungerecht beraubt worden sind. Mögen sie ihre Munizipali- 
täten ernennen, ihre Maires wählen, mögen sie mit einem Worte 
frei sein, und aus diesen Gemeinden wird die wahre Vertretung 
Frankreichs hervorgehen. 
„Unter dem Cäsar von gestern hat man die schönsten Reden 
gehalten, um die offiziellen Vorsichtsmaßregeln in betreff der Freiheit 
der Wahlen zu brandmarken. Wäre dieser Patriotismus (der Herren 
Gambetta und Favre) nichts als eine unwürdige Komödie gewesen? 
Man moöchte es wahrhaftig glauben, wenn der Cäsar von heute 
nicht endlich die Kundgebung des Volkswillens veranlassen wollte. 
Wir wollen wahre Wahlen, d. h. die Kommune, weil wir Leute 
sehen wollen, die zur Entscheidung unfrer Geschicke befugt sind — 
weil wir zurückschaudern vor der Hyder der Anarchie, die schon ihr 
scheußliches Haupt erhebt. — Das ists, weshalb wir nicht auf- 
hören werden, Gemeindewahlen und die Vereinigung derselben zu
	        
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