Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

25. März Erstes Kapitel 19 
lischen Kirche, Italien eine so feindselige zur Kurie eingenommen, 
daß sie kaum zu gemeinsamen Schritten die Hand bieten könnten. 
Spanien wolle sich auf Repression einer etwaigen Verletzung der 
Landesgesetze beschränken, und England ignoriere die amtlichen Akte 
der römischen Kirche. Manche Mächte hätten Konkordate, andre 
stünden zur Kurie in einem freiern Verhältnis, und so sei auch hier 
die Verständigung zu einem gemeinsamen Verfahren schwierig. Endlich 
fürchtet auch Daru, daß Rom bei der Kunde von einer beabsichtigten 
Konferenz mit einem fait accompli vorgehen werde. Deshalb lehnt 
er die Konferenz ab. Dagegen möchte er den andern Mächten die 
Möglichkeit gewähren, die Schritte, welche Frankreich allein thun 
würde, zu unterstützen. Falle die Antwort auf seine Depesche, die 
das Recht Frankreichs auf Beteiligung am Konzil geltend gemacht, 
ablehnend aus, so werde er durch amtliche Eröffnung bei dem Kar- 
dinalstaatssekretär (Antonelli) die Rechte und Interessen des Staates 
gegen alle lbergriffe der geistlichen Gewalt wahren, den andern 
Regierungen davon Kenntnis geben und es ihnen anheimstellen, 
diesem Schritt in Rom beizutreten. Bismarck hat für diese Mit- 
teilung gedankt und gesagt, man würde, nachdem man sich über- 
zeugt, daß ein derartiges Vorgehen Frankreichs den Interessen der 
preußischen Katholiken entspreche, den Eindruck desselben zu ver- 
stärken bemüht sein, und man sehe weitern Mitteilungen mit Interesse 
entgegen. 
„Die französische Regierung blickt mit Besorgnis auf die Folgen 
des Konzils, scheut sich aber vor ernstem und entschiednem Auftreten 
und ist nicht geneigt zu gemeinsamem Handeln mit andern Mächten. 
In München zeigte sich Graf Brays nicht abgeneigt. Er dachte 
an die Möglichkeit der Abgabe einer Erklärung, daß die Regierung 
durch Verkündigung des Unfehlbarkeitsdogmas gegen den Wider- 
spruch einer Minorität von Bischöfen die ökumenische und autori- 
tative Bedeutung des Konzils für beeinträchtigt und den durch 
Konkordate gesicherten Rechtszustand der letztern dadurch für auf- 
gehoben erachten würden, wollte aber, daß Osterreich sich an dieser 
Erklärung beteilige. Graf Beust ging darauf nicht ein, da er 
glaubte, wenn die Erklärung der Regierungen in Rom erfolgt sei, 
  
1 Hohenlohes Nachfolger. 
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