466 Dreizehntes Kapitel 2. Dezember
gessen werden — sagte der Chef —; denn die sind eine Liebes-
gabe von Soldaten, die sie in einem Steinbruch oder Keller gefunden
haben, wo eine Champignonzucht angelegt ist. Die Sauce dazu
hat der Koch gut gemacht, sie ist vortrefflich. Noch wohlthuender
und gewiß was Seltenes war neulich eine andre Liebesgabe von
Soldaten — achl daß ichs ganz vergessen habe — welches Regiment
wars doch gleich, das die Rosen schickte?“
„Das siebenundvierzigste,“ erwiderte Bohlen.
„Ja, das war ein Rosenbouquet im Feuer gepflückt — wahr-
scheinlich in einem Garten der Vorpostenkette.“ — „Ach, da fällt
mir ein, im Lazarett, da traf ich einen polnischen Soldaten, der
nicht deutsch lesen kann. Der möchte gern ein polnisches Gebet-
buch haben. Hat jemand was der Arto?“
Alten sagte nein, aber er könnte ihm polnische Zeitungen geben.
Chef: „Das geht nicht. Die wird er nicht verstehen, auch
regen die gegen uns auf. Aber vielleicht hat Radziwill was. Ein
polnischer Roman ginge auch, Pan Twardowski oder so etwas."
Alten wollte sichs merken.
Es wurde nun von dem heutigen Ausfalle gesprochen, indem
es von der Seine her ein paarmal wieder donnerte.
Jemand sagte: „Die armen Württemberger werden auch wieder
Leute verloren haben.“
„Und die armen Sachsen vermutlich noch mehr,“ bemerkte
der Chef.
Man erwähnte Ducrot, der den Ausfall wahrscheinlich kom-
mandiert habe, und meinte, der habe Ursache, sich nicht gefangen
nehmen zu lassen.
„Gewiß — sagte der Minister —, der wird sich entweder im
Gefecht töten lassen oder, wenn er den Mut dazu nicht findet, was
ich eher annehmen möchte, sich mit dem Luftballon davon machen.“
Einer der Tischgenossen erwähnt, daß Fürst Wittgenstein (seines
Zeichens, wenn ich nicht falsch verstand, russischer Flügeladjutant)
wohl auch gern heraus wäre, und Alten fügte hinzu: „Ja, um
dann wieder hineinzugehen. Es ist ihm das so eine Art Sport,
glaube ich.“
Chef: „Das möchte für jemand passen, der Vertrauen erweckt.
Ich aber habe dem niemals getraut und wollte ihn schon neulich