5. Dezember Dreizehntes Kapitel 483
sehen. Es giebt in Osterreich= Ungarn eine Partei, die mit Deutsch-
land geht, und eine andre, die gegen Deutschland geht — eine
Partei, die die alte Kaunitzsche Politik im Siebenjährigen Kriege,
die Politik der steten Verschwörung mit Frankreich gegen das deutsche
Interesse und in erster Linie gegen Preußen fortgesetzt sehen möchte.
Es ist die Politik, die in der letzten Zeit immer an den Namen
Metternich geknüpft, von 1815 bis 1866 getrieben worden ist, und
die seitdem mit mehr oder minder Energie weiter zu treiben ver-
sucht wurde. Es ist die Partei, als deren Führer der Epigone
des alten Fürsten Metternich zu betrachten ist, Metternich jun., seit
Jahren der eifrigste Befürworter einer französisch-österreichischen
Allianz gegen Deutschland und einer der Haupthetzer zum Kriege,
der jetzt wütet. Glauben die Orleans, daß sie auf Grund ihrer
Verbindung mit Osterreich gute Aussichten haben, so mögen sie
wissen, daß sie wenigstens von uns gerade deshalb nichts zu hoffen
haben.
Während wir Thee tranken, kam, nachdem ich eine Weile mit
Bucher und Keudell zusammengesessen hatte, auch der Chef und
später Hatzfeldt. Dieser war beim Könige gewesen und berichtete
von da, daß Prinz Friedrich Karl in der Schlacht bei Orleans und
während der daran sich schließenden Verfolgung der Franzosen sieben-
undsiebzig Kanonen, mehrere Mitrailleusen und vier Kanonenboote
der Loire erbeutet hat. Etwa zehntausend unverwundete Gefangne
sind in unsern Händen. Die Feinde flüchten sich in verschiednen
Richtungen. Alle Punkte sind mit Sturm genommen, und dabei
haben auch wir erhebliche Verluste erlitten, namentlich haben die
Sechsunddreißiger viele Leute — es heißt, gegen sechshundert
Mann — eingebüßt. Auch in den letzten Gefechten vor Paris
haben wir im Kampfe mit der Übermacht bedeutende Verluste gehabt.
„Sonst war es diesmal beim König nicht gerade sehr unter-
haltend,“ fuhr Hatzfeldt fort. „Der russische Staatsrat Grimm
erzählte allerlei wenig interessante Sachen von Louis Quatorze und
Louis Quinze. Der — peinigte uns und besonders mich mit Fragen.
Er erzählte der Gesellschaft, wie die Eleven von St. Cyr alle ein
Bild von der Maintenon bekommen hätten, und wie er auch eins
besitze. „Es waren wohl Photographien? fragte der König, der
sich bisweilen die Augen gerieben hatte, etwas spitzig. — Mein,
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