6. Dezember Dreizehntes Kapitel 489
nachmittag vom General von Goeben besetzt worden sei, und daß
die in dieser Gegend operierenden deutschen Truppen sich nun gegen
Havre und Cherbourg gewandt hätten. Ich ersuchte ihn, für seine
Blätter ebenfalls Artikel über die Anstellung der wortbrüchigen
Offiziere und Gramonts Dreistigkeit zu machen.
Nach englischen Berichten aus Paris hat es dort schon vor
vierzehn Tagen angefangen, recht ungemütlich zu werden. Krankheiten
sind ausgebrochen, und die Todesfälle sind erheblich häufiger ge—
worden als in gewöhnlichen Zeiten. Angst und Entmutigung, aber
auch Mangel haben dazu beigetragen. In der ersten Woche des
September zählte man neunhundert, in der Woche, die mit dem
5. Oktober endigte, ungefähr doppelt so viele Todesfälle, in der
nächsten eintausendneunhundert. Die Pocken grassieren in der Stadt
und raffen viele Personen hin, ebenso sind eine große Anzahl Menschen
an Unterleibskrankheiten gestorben. Unter den aus der Provinz
rekrutierten Bataillonen soll sich das Heimweh wie eine Epidemie
verbreitet haben. Ein englischer Korrespondent will bei einem Besuch
des Hospitals du Midi, den er in der letzten Woche des Oktober
gemacht hat, über der Eingangsthür des Gebäudes einen Zettel fol—
genden Inhalts bemerkt haben: „Wer eine Katze, einen Hund oder
drei Ratten mitbringt, darf am Frühstück und am Diner teilnehmen.
Notabene: Es ist unbedingt notwendig, daß diese Tiere lebendig
abgeliefert werden.“ Ähnliche Anschläge sollen an den Thüren der
Pariser Hospitäler etwas Gewöhnliches sein.
Es fehlen noch fünf Minuten an Mitternacht. Der Minister
ist schon zu Bette — ausnahmsweise. Die Lichte in den Flaschen-
hälsen auf meinem Tische sind tief herabgebrannt. Eben donnert
der Mont Valerien eine fürchterliche Salve in das Thal hinunter.
Wozu? Vielleicht soll es den Parisern nur sagen: S ist um zwölf
Uhr. Also eine Art Nachtwächterruf. Sonst ist das Schießen
ungefähr viel Lärmen um nichts. An den letzten beiden Gefechts-
tagen warfen die Forts, wie Abeken heute gehört hatte, etwa sech-
zehntausend Bomben und Granaten heraus, aber nur fünfunddreißig
Mann von den Unsern wurden davon verwundet, und mehrere
darunter nur leicht.