Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

19. Dezember Fünfzehntes Kapitel 543 
ich betrachte die ganze Affaire als eine Kleinigkeit, um Kleinigkeiten 
aber würde England sich mit uns unmöglich entzweien oder gar, 
wie er gemeint, uns den Krieg erklären; ich bliebe bei der Ansicht, 
daß die Geschichte viel Geschrei in den Zeitungen erregen, daß aber 
nichts von Bedeutung dabei herauskommen werde. 
Er beruhigte sich endlich, worauf er gestand, daß er bei dem 
Treffen in der Gegend von Bougival und Malmaison ebenfalls 
arretiert und von den Preußen unglimpflich behandelt worden sei, 
noch viel unglimpflicher aber von seinem eignen Landsmanne, dem 
Colonel Walker, der ihn, als er bei ihm Hilfe gesucht habe, grob 
angefahren und ihm rund heraus gesagt hätte, auf Schlachtfeldern 
habe er nichts zu suchen, und den er uns dann als ganz und gar 
unfähigen Menschen schilderte. Die Bemerkung, die vielleicht hierauf 
zu machen gewesen wäre, in diesem Falle möchte sich Mr. Walker 
wohl urteilsfähiger bewiesen haben als andre, behielt ich auf der 
Zunge. Die Diskussion verlief schließlich in Wohlgefallen. Die 
Amerikaner hatten während der Unterhaltung durchweg für mich 
und die Deutschen Partei genommen. 
Ich erzählte die Hoziersche Affaire abends um elf Uhr dem 
Chef, der von dem Vorfall noch gar nichts wußte, ihn zuerst nicht 
recht glauben wollte und ihm schließlich nur eine heitere Seite ab— 
gewinnen konnte. Er ließ mich dann einen neuen kleinen Sieg 
unsrer Truppen über die Armee Chanzys und eine Notiz über den 
Empfang der Reichstagsdeputation beim König telegraphieren. 
Montag, den 19. Dezember. Früh im Garten wieder mit 
Abeken Veilchen gesucht und drei Stück gefunden, die ich nach Hause 
schickte. Dann nach Angaben des Chefs eine Erwiderung auf den 
Artikel „Blanke Waffen“ in der Kölnischen Zeitung gemacht, worin 
französische Ärzte aus dem Umstande, daß sie wenig mit Bajonett 
und Säbel verwundete Franzosen gesehen haben wollen, den Schluß. 
ziehen, die Deutschen liebten den Kampf Mann gegen Mann nicht. 
Die Entgegnung bemerkte, wenn die Herren wirklich aus Erfahrung 
urteilten, so müßte ihre Meinung daher kommen, daß sie erstens 
die vielen bei Spichern, Gravelotte und Le Bourget durch deutsche 
Bajonette und Kolben gefallnen Toten nicht vor die Augen be- 
kommen hätten, und daß zweitens die Franzosen unfre Bajonett- 
angriffe in den meisten Fällen nicht aushielten, sondern sich zur
	        
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