Full text: Tagebuchblätter. Erster Band. (1)

36 Erstes Kapitel 9. Juli. 
scheidung kommen kann. Daß der Kaiser Napoleon einen Staats- 
mann, der nur durch seine persönliche Lebhaftigkeit und Feindschaft 
gegen Deutschland bis dahin bekannt war, zu seinem Minister 
für das Auswärtige wählte, sich damit nur eine größere Freiheit 
zum Brechen des Friedens herzustellen beabsichtigte, ist schon bei 
Gramonts Ernennung von vielen Seiten befürchtet worden. Die 
anmaßliche, unklare und aufregende Rede des Herzogs kann leider 
nur zur Bestätigung der damals gehegten Befürchtungen dienen. 
Er ist kein Minister des Friedens, sondern ein Diener der persön- 
lichen Politik, die vor keiner Verantwortlichkeit zurückschreckt. Für 
Deutschland ist die Frage, wer in Spanien regiert, an und für sich 
keine solche, für die Deutschland Krieg führen würde, um sie zu 
entscheiden; aber eine französische Forderung, daß die deutsche Re- 
gierung ihren eignen Interessen zuwider den Spaniern künstlich 
Hindernisse bereiten solle, bekundet einen Grad von Überhebung, 
mit dem eine Regierung heutzutage unter den unabhängigen 
Nationen Europas schwerlich ihren Platz finden wird. Wir suchen 
keine Händel, aber wer deren mit uns sucht, wird uns bereit finden, 
sie durchzuführen. 
2. In einem andern Artikel — für einen ist der Stoff 
zu reich — wäre folgendes auszuführen — nicht in offiziösen 
Blättern, aber in der Kölnischen oder Spenerschen Zeitung und 
abgekürzt für das Litterarische Büreau Hahns. Wenn die Kan- 
didatur des Prinzen Alfons bisher in Spanien noch irgendwelche 
Aussicht gehabt hätte, so würde sie durch den ungeschickten 
Lärm, mit dem Frankreich sie zu einer französisch-amtlichen 
gestempelt hat, ganz erheblich verloren haben. Man konnte ihm 
keinen schlimmern Dienst erweisen als den, daß man ihm den 
Charakter eines französischen Kandidaten aufprägte. Schon Mont- 
  
1 Schon am 12. Juni 1869 bemerkte Bismarck zu Völk: „Wenn man 
freilich unsre Friedensliebe nicht anerkennen will, und wenn uns der Krieg auf- 
gezwungen wird, so werden wir ihn mit aller Kraft führen, und Sie — die 
Bayern werden und dürfen sich sehr beeilen, daß sie bei der ersten Schlacht, die 
voraussichtlich bei Metz geschlagen wird, schon dabei sein können. Wir aber 
werden schon bei dieser Schlacht den Franzosen an Zahl und andern Dingen 
bedeutend überlegen sein.“ Poschinger, B. u. d. P. I, 45. Ahnlich 1868 zu 
Bluntschli: „Wir sind den Franzosen weit überlegen.“ (Ebenda II, 122.)
	        
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